Zweitwohnung: Doppelansässigkeit unter dem DBA vermeiden
Sie haben hier in Deutschland eine Wohnung und in Österreich dazu noch eine Zweitwohnung. Mit Österreich hat Deutschland eine Doppelbesteuerungsabkommen abgeschlossen. Durch die Zweitwohnung in Österreich können sie in beiden Ländern ansässig sein. Maßgeblich ist dabei der Art. 4 des OECD Musterabkommens. Das sollten Sie unbedingt vermeiden. Wir erklären, wie es dazu kommt, welche Folgen das hat und im weiteren Verlauf, wie sie die Doppelansässigkeit vermeiden können.
Datum |
Thema |
08. Juni 2021 |
Zweitwohnung: Doppelansässigkeit unter dem DBA vermeiden (dieser Beitrag) |
18. Dezember 2020 |
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11. Januar 2021 | Doppelbesteuerung und Doppelbesteuerungsabkommen |
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Unser Video:
Doppelbesteuerungsabkommen: Steuerpflicht & Steuerfreistellung
In diesem Video erklären wir, was Doppelbesteuerungsabkommen eigentlich sind.
Inhaltsverzeichnis
1. Doppelbesteuerungsabkommen
Doppelbesteuerungsabkommen (kurz DBA) verteilen die Besteuerungsrechte zwischen den Vertragsstaaten, wenn beide Staaten an Einkünften ein Besteuerungsrecht zusteht. Sie verhindern daher das entstehen einer sogenannten juristischen Doppelbesteuerung. Diese liegt vor, wenn auf ein und dasselbe Steuerobjekt (das Vermögen) bei demselben Steuersubjekt (der Steuerpflichtige) zweimal innerhalb eines identischen Zeitraums eine gleichartige Steuer erhoben wird.
Die DBA unterscheiden im Rahmen der Verteilung der Besteuerungsrechte zwischen dem Ansässigkeitsstaat und dem Quellenstaat (siehe dazu Art 4 I S. 2 OECD-MA). Der Ansässigkeitsstaat ist der Staat, in dem die Person ansässig ist. Der Quellenstaat hingegen ist regelmäßig der, in dem Einkünfte erzielt werden. Der Beitrag beschäftigt sich mit der Ansässigkeit von natürlichen Personen im Sinne des Art 3 I lit. a) OECD-MA.
2. Doppelansässigkeit unter dem DBA durch die Zweitwohnung
Die Ansässigkeit natürlicher Personen wird im OECD-MA mit dem Art 4 I, II OECD-MA geregelt. Absatz 1 und Absatz 2 chronologisch nacheinander zu prüfen.
2.1. Wohnsitz oder ständiger Aufenthalt
Zunächst ist eine Person nach Art 4 I 1 OECD-MA in dem Vertragsstaat ansässig, indem sie ihren Wohnsitz oder ständigen Aufenthalt hat. Eine DBA immanente Definition der Begriffe Wohnsitz und ständiger Aufenthalt existiert nicht. Es ist daher über Art 3 II OECD-MA auf das jeweilige nationale Recht zurückzugreifen. In Deutschland kommen daher die §§ 8, 9 AO in Betracht.
2.2. Wohnsitzbegründung durch Zweitwohnung?
Der Wohnsitz ist nach § 8 AO dort, wo jemand eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird. Diese Begrifflichkeiten sind sehr wage und bedürfen daher der Konkretisierung. Wohnung meint einen umschlossenen Raum, der zum Wohnen geeignet ist. Das führt dazu, dass unter Umständen auch ein kleines Schrebergartenhäuschen, wenn es beispielsweise über eine Kochstelle, fließendes Wasser, sowie eine Toilette oder Strom verfügt, eine Wohnung darstellen kann.
Innehaben in diesem Sinne fordert nach Verfügungsmacht über die Räumlichkeiten. Es ist daher erforderlich, dass man einen Schlüssel zur Wohnung hat und andere von der Nutzung ausschließen kann. Das wurde sogar bei einem Hotelgast angenommen, der seit langer Zeit nur und immer in dem gleichen Hotelzimmer übernachtet, so dass er faktisch, wie ein Mieter einer normalen Mietswohnung zu behandeln ist.
Zudem müssen äußere Umstände prognostizieren, dass man die Wohnung zukünftig beibehalten und benutzen will. Solche Umstände sind beispielsweise dann vorliegend, wenn man regelmäßig zur Wohnung zurückkehrt und dort auch übernachtet und sich wäscht. Dort vorhandene Kleidung, Pflegeprodukte oder auch Hygieneprodukte (beispielsweise eine Zahnbürste) stellen gewichtige Indizien dar.
Über eine Zweitwohnung haben Sie, wenn Sie einen Schlüssel zu dieser besitzen hinreichende Verfügungsmacht. Diese stellt auch eine Wohnung im Sinne des § 8 AO dar. Allein streitig kann sein, ob Sie die auch zukünftig beibehalten und benutzen wollen. Dabei sind die äußeren Umstände entscheidend. Es kommt darauf an, ob Sie in der Zweitwohnung Gegenstände verwahren, die ein Wohnen dauerhaft ermöglichen. Das wird aber üblicherweise der Fall sein. Auch Freizeitaktivitäten, wie der Fernseher, Sportgeräte oder Bücher lassen den Schluss auf das künftige Beibehalten und Benutzen der Wohnung zu. Daher muss bei einer Zweitwohnung regelmäßig von zwei Wohnsitzen ausgegangen werden.
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2.3. Doppelansässigkeit durch ständigen Aufenthalt
Weiterhin kann auch der ständige Aufenthalt die Ansässigkeit der natürlichen Person begründen. Der ständige Aufenthalt ist mit Blick auf den gewöhnlichen Aufenthalt im Sinne des § 9 AO auszulegen. Demnach befindet sich der ständige Aufenthalt an dem Ort, an dem sich jemand unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er dort nicht nur vorübergehend verweilt. Ein zusammenhängender sechs montägiger Aufenthalt ist daher als ständiger Aufenthalt anzusehen. Dabei schaden kurzfristige Unterbrechungen nicht. Solche kurzfristigen Unterbrechungen sind aber nicht mehr anzunehmen, wenn man mehrmals in der Woche wieder nachhause kommt. Wichtig ist zu erkennen, dass der Steuerpflichtige auch mehrere ständige Aufenthalte haben kann. Denkbar ist, dass Sie in Österreich und in Deutschland gleich häufig sind. Möglich ist aber auch, dass Sie da Sie viel unterwegs sind nirgendwo über einen ständigen Aufenthalt verfügen.
2.4. Zweitwohnung – Doppelansässigkeit möglich
Es ist unter diesen Umständen möglich, zwei Wohnsitze in unterschiedlichen Ländern zu haben. Weiterhin können Sie, sollten Sie in einem Land auf Grund der Nichterfüllung der Voraussetzungen keinen Wohnsitz haben, dort dennoch einen gewöhnlichen Aufenthalt begründen. Folglich ist möglich, dass sie in mehren Staaten ansässig und daher doppelansässig sind. Sollten sie jedoch zuvor in Deutschland ansässig gelten und dann aber in den Niederlanden, da sie dort nun Ihren ständigen Aufenthalt und Wohnsitz haben, müssen Sie unbedingt die deutsche Wegzugsbesteuerung im Blick haben.
3. Tie-Breaker-Rule – Verhinderung der Doppelansässigkeit
Im Falle der Doppelansässigkeit der natürlichen Person kommt die sogenannte Tie-Breaker-Rule des Art 4 II OECD-MA zur Anwendung. Auch diese Norm ist chronologisch anzuwenden. Wichtig ist jedoch hier zusehen, dass sie nicht primär mit Blick auf das nationale Recht ausgelegt werden darf. Vielmehr sind die Begrifflichkeiten dem DBA entsprechend auszulegen.
3.1. Zweitwohnung als Ständige Wohnstätte
Als erstes Unterscheidungsmerkmal gilt gemäß Art 4 II lit. a) OECD-MA die ständige Wohnstätte. Die natürliche Person ist daher nur in dem Staat ansässig, indem sie über eine ständige Wohnstätte verfügt. Es handelt sich dabei um einen qualifizierten Wohnsitz. Erhebliche Unterscheidungskraft hat dieses Merkmal aber nicht. Insbesondere bei einer Zweitwohnung sind in beiden Ländern ständige Wohnstätten anzunehmen.
3.2. Mittelpunkt der Lebensinteressen
Hat die Person in beiden Staaten eine ständige Wohnstätte, so ist der Ort entscheidend, zu dem sie eine engere wirtschaftliche und persönliche Beziehung hat Art 4 II lit. b) OECD-MA. Abgestellt wird in diesem Zusammenhang auf den Ort der beruflichen Ausübung beziehungsweise den Wohnort von Familie und Freunden. Es ist aber durchaus denkbar, dass der Mittelpunkt der Lebensinteressen nicht genau bestimmbar sind, weil sowohl in dem einen als auch in dem anderen Staat gewichtige Indizien zur Begründung desgleichen liegen.
3.3. Gewöhnlicher Aufenthalt
Kann auch der Mittelpunkt der Lebensinteressen nicht festgestellt werden, so ist der gewöhnliche Aufenthalt entscheidend. Dieser wird nach der herrschenden Auffassung entsprechend des Absatzes 1 auszulegen. Daher ist der Ort maßgeblich, an dem Sie Ihren ständigen Aufenthalt haben. Wie oben dargelegt kann dieser Ort aber an mehreren Orten sein oder gar nicht bestehen. Daher kann auch in diesem Fall das Besteuerungsrecht regelmäßig nicht verteilt werden.
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3.4. Verhinderung der Doppelansässigkeit durch Nationalität
Kann der gewöhnliche Aufenthalt nicht bestimmt werden, so ist die Nationalität maßgebend.
4. Folgen der Doppelansässigkeit
Folge der Doppelansässigkeit ist gemäß Art 4 II lit. d), dass die beiden Länder die Ansässigkeit im Einvernehmen bestimmen. Natürlich ist aber jedes Land bedacht, das Besteuerungssubstrat nicht dadurch zu verlieren, dass der Steuerpflichtige nun in einem anderen Land als ansässig gilt. Daher ist fraglich, ob sich die Staaten einigen können. Sollte dies nicht der Fall sein, so wird ihr gesamtes Welteinkommen doppelt besteuert. Verhindern lässt sich dies auf Grund der Doppelansässigkeit kaum.
5. Vermeidung der Doppelansässigkeit bei einer Zweitwohnung
Mit Blick auf die genannten Rechtsfolgen sollten Sie es unbedingt vermeiden, in beiden Ländern als ansässig zu gelten. Daher ist erforderlich, dass sie eine der Staatsbürgerschaften annehmen. Zudem können Sie darauf achten, dass Sie den Lebensmittelpunkt einer der Wohnungen zuordnen können. Dafür sollten Sie hinreichend substantiiert darstellen können, dass Sie den Beruf nur von einem der Orte ausüben, dort auch Ihre Freizeitaktivitäten durchführen sowie Freunde und Verwandte treffen. Andererseits sollten Sie sich an einem der Wohnsitze für eine Zeit von 6 Monaten aufhalten. Weiterhin ist es wichtig, dass Sie Ihren Wohnort nicht regelmäßig zwischen den einzelnen Wohnungen verlegen. In diesem Fall kann es zur Wegzugsbesteuerung kommen.
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