Durchführungsverbot bei staatlicher Beihilfe Art. 108 III 3 AEUV – Europarechtlicher Einfluss
Das nationale Steuerrecht wird insbesondere durch das Europarecht und europarechtliche Grundsätze beeinflusst. Ein Einfluss ist das Verbot steuerlicher Beihilfe nach Art 107 AEUV. Es bestimmt, dass steuerliche Unterstützungen einzelner Unternehmen, die wettbewerbsverzerrende Wirkung haben grundsätzlich verboten sind. Dieser Beitrag klärt, wie das Beihilfeverbot durch die Europäischen Union in den Mitgliedstaaten durchgesetzt wird und, dass es sich bei dem Durchführungsverbot um ein Verbot mit Erlaubnisvorbehalt handelt.
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Inhaltsverzeichnis
1. Beihilfeverbot Art 107 AEUV
Das grundsätzliche Beihilfeverbot des Art. 107 I AEUV soll einen unverfälschten Wettbewerb im Binnenmarkt gewährleisten und so den zwischenstaatlichen Freihandel absichern. Es steht Steuervergünstigungen für Unternehmen entgegen. Denn diese Vergünstigungen können Verminderungen von normalerweise zu tragenden Belastungen bewirken. Die Maßnahme muss Unternehmen einen selektiven Vorteil in Gestalt einer steuerlichen Entlastung verschaffen. Daher ist erforderlich, dass die steuerlicher Entlastung nur bestimmten Unternehmen oder Branchen zugänglich ist und andere Unternehmen davon ausgeschlossen werden. Zudem muss die Entlastung als staatliche und staatlich finanzierte Maßnahme zu qualifizieren sein. Weiterhin muss sie den Handel zwischen den Mitgliedstaaten beeinträchtigen.
Letztens muss die Entlastung wettbewerbsverfälschende Wirkung haben. Dennoch ist zu beachten, dass Beihilfen nur in Betracht kommen, wenn die Unternehmen denen die Vergünstigung gewährt wird, solchen wesentlich sind, denen die Beihilfe nicht gewährt werden. Sie müssen daher tatsächlich und rechtlich vergleichbar sein. Folglich steht das Beihilfeverbot in der Nähe des allgemeinen Gleichheitssatzes, der lediglich in seinem Anwendungsbereich auf Unternehmensteuerbegünstigungen begrenzt ist.
Als steuerliche Beihilfen kommen daher jegliche Verschonungen von der Regelbelastung in Betracht. Erforderlich ist aber gerade nicht, dass die Begünstigung explizit als Ausnahmeregelung beispielsweise als Steuerbefreiung konzipiert ist. Staatliche Beihilfen unterliegen grundsätzliche einem Durchführungsverbot.
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2. Durchführungsverbot steuerlicher Beihilfe
Das Verbot steuerlicher Beihilfe ist in Art 107 I AEUV geregelt. Es ist aber aufgrund der überwiegend im Ermessen von Rat und Kommission stehenden Genehmigungsvorbehalte nicht unmittelbar anwendbar. Dennoch gibt es ein Durchführungsverbot in Art 108 III 3 AEUV. Dieses greift für Beihilfen im Sinne des Art 107 I AEUV, über die die Kommission noch nicht abschließend entschieden hat. Folglich darf der Mitgliedstaat die beabsichtige Maßnahme nicht durchführen. Die Steuervergünstigung darf daher vorläufig nicht gewährt werden. Daher ist die zugrunde liegende gesetzliche Regelung im Steuerfestsetzungsverfahren unanwendbar. Sollten dennoch Steuervorteile gewährt worden sein, so sind diese von den Begünstigten zurückzufordern. Daher ist vorläufig bis zur Entscheidung der Kommission die Regelbesteuerung herzustellen. Liquiditätsvorteile werden neutralisiert, indem der Rückforderungsanspruch verzinst wird.
2.1. Verstoß gegen das Durchführungsverbot bei nicht Vorliegen einer verbotenen Beihilfe
Entscheidet die Kommission, dass die steuerliche Beihilfe mit dem Binnenmarkt vereinbar ist, so werden Verstöße gegen das Durchführungsverbot nicht geheilt. Der aus der vorzeitigen Inanspruchnahme der Begünstigung stammende Zinsvorteil ist abzuschöpfen. Von der Steuervergünstigung ausgeschlossene Wettbewerber können das Durchführungsverbot durch negative Konkurrentenklage gerichtlich durchsetzen. In diesem Rahmen ist einstweiliger Rechtsschutz aber nur zu gewähren, wenn die Steuervergünstigung eindeutig als Beihilfe zu qualifizieren ist.
2.2. Verstoß gegen das Durchführungsverbot bei Vorliegen einer verbotenen Beihilfe
Schätzt die Kommission eine Beihilfe als nicht mit dem Binnenmarkt vereinbar ein, so wird die rechtswidrige Beihilfe aufgehoben. Folglich sind Steuern nach zu erheben, soweit die Steuervergünstigung von den Steuerpflichtigen schon in Anspruch genommen werden konnte. Es sind auch Zinsen für die entstanden Liquiditätsvorteile zu zahlen. Steuervergünstigungen sind nur von tatsächlich Begünstigten zurückzufordern und nur soweit sie ihm verbotene Vorteile im Sinne des Art 107 I AEUV verschafft haben. Gerade bei indirekten Steuern, wie der Umsatzsteuer kann nicht vermutet werden, dass sie auch dem Steuerschuldner zugute kamen.
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3. Durchführungsverbot und seine verfahrensrechtliche Umsetzung
Entscheidet die Kommission, dass eine verbotene Beihilfe vorliegt, so ist liegt darin ein Beschluss im Sinne des Art 103 II 1, 288 IV AEUV, der gegenüber dem Mitgliedstaat verbindlich ist. Der Mitgliedstaat muss diesen dann umsetzen. Dazu prüft er im Einzelfall, ob die Voraussetzungen der Rückforderungen vorliegen und wendet das nationale Verfahrensrecht an. Folglich unterliegt die Beihilfe einem Durchführungsverbot. Der Steuerpflichtige kann gegen die Kommissionsentscheidung ein Nichtigkeitsverfahren nach Art 263 AEUV anstrengen. Dennoch muss der Mitgliedsstaat den Rückforderungsbeschluss umsetzen. Bei ernstlichen Zweifeln an der Rechtmäßigkeit der Entscheidung ist dem Steuerpflichtigen einstweiliger Rechtsschutz zu gewähren.
4. Absehen von der Rückforderung durch das Durchführungsverbot
Die Kommission hat von der Rückforderung abzusehen, wenn sie durch die Rückforderung gegen einen allgemeinen Rechtsgrundsatz des Unionsrecht verstoßen würde. Das ist vor allem der Fall, wenn Grundsätze des Vertrauensschutzes entgegenstehen. Einen tauglichen Vertrauenstatbestand können aber nur dem Unionsorgan zurechenbare Maßnahmen bilden. Tauglich sind daher Äußerungen der Kommission zur Vereinbarkeit der betreffenden Steuervergünstigung oder ähnliche Maßnahmen solcher Steuerregime anderer Mitgliedstaat. In diesem Fall kann von der Rückforderung der Beihilfe trotz Durchführungsverbot abgesehen werden.
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