Reform der Wegzugsbesteuerung: 5 Gestaltungen zur Vermeidung
Das Außensteuergesetz enthält Regeln zur Besteuerung von Gesellschaftern von Kapitalgesellschaften, die ins Ausland ziehen wollen. Denn durch den Wegzug ins Ausland könnte beispielsweise ein GmbH-Gesellschafter seine Anteile verkaufen, ohne dass dabei der Bundesrepublik die sonst damit verbundene Besteuerung des Gewinns zukommt. Deshalb erhebt Deutschland präventiv die Wegzugsteuer. Dabei fällt sie in dem Umfang an, wie es bei einer regulären Besteuerung beim Verkauf der Anteile zum Zeitpunkt des Wegzugs im Inland der Fall wäre. Doch soll nun in nächster Zeit eine Reform der Wegzugsbesteuerung erfolgen. Hierbei sollen verschiedene Aspekte geändert werden, die insgesamt zu einer strikteren Anwendung führen.
Allerdings haben wir nach eingehender Analyse des Referentenentwurfs festgestellt, dass man mit 5 Gestaltungen die Wegzugsbesteuerung nach wie vor vermeiden kann. So ist dies durch einen Formwechsel der Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft, durch Überordnung einer Personengesellschaft als Holding, der Gründung einer Familienstiftung oder einer Genossenschaft sowie durch Verkauf für EUR 1 mit Besserungsschein an eine andere eigene GmbH möglich.
Unser Video:
Reform der Wegzugsbesteuerung
Im Video zeigen wir Ihnen die 5 Möglichkeiten, mit denen Sie auch zukünftig die Wegzugsbesteuerung vermeiden können.
1. Ursachen zur Reform der Wegzugsbesteuerung
Seit 2016 bemüht sich die Europäische Union um eine Verschärfung ihres Vorgehens gegen aggressive Praktiken zur Steuervermeidung. Dazu ist am 12.07.2016 die EU-Richtlinie 2016/1164 ergangen und 2017 durch die sogenannte ATAD-Richtlinie (EU) 2017/952 weiter angepasst worden, die von allen Mitgliedstaaten umgesetzt werden soll. Dabei bedeutet das Kürzel ATAD „Anti Tax Avoidance Directive“ und beschreibt treffend das Programm, nach dem nun auch der Gesetzgeber hierzulande die gesetzlichen Anpassungen vornimmt, um die EU-Richtlinien umzusetzen.
So geht es beim zukünftigen Gesetz zur Umsetzung der Anti-Steuervermeidungs-Richtlinie (ATADUmsG) darum, dass die Bestimmungen zur Steuerentstrickung und Hinzurechnungsbesteuerung sowie zur Vermeidung hybrider Praktiken im Außensteuergesetz nachgeschärft werden. Doch auch die Wegzugsbesteuerung steht hierbei auf dem Prüfstand.
Tatsächlich erreichen uns als Steuerkanzlei mit einer Expertise im Internationalen Steuerrecht viele Anfragen zu diesem Thema. Deshalb widmen wir uns in diesem Beitrag den 5 Gestaltungen, die wir entwickelt haben, um die Wegzugsbesteuerung auch nach der zukünftigen Rechtslage vermeiden zu können, sofern diese auf dem derzeit diskutierten Referentenentwurf mit dem Bearbeitungsstand 24.03.2020 basieren sollte.
2. Reform der Wegzugsbesteuerung: was sich ändern soll
Die Reform der Wegzugsbesteuerung betrifft insbesondere die Voraussetzungen zur Erhebung sowie die bisherige Möglichkeit der Stundung der Steuer. Denn zur Zeit ist es noch so, dass ein Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft, der in ein EU/EWR-Land oder einen Drittstaat wegzieht, nur dann der Wegzugsbesteuerung unterliegt, wenn er zuvor mindestens 10 Jahre lang in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig war. Diese Zeitspanne soll nun auf 7 Jahre reduziert werden. Neben der zeitlichen Verkürzung der Zeitspanne der unbeschränkten Steuerpflicht auf 7 Jahre soll nach dem Referentenentwurf auch die Betrachtungsspanne ein Minderung von 15 Jahre auf 12 Jahre erfahren.
Außerdem konnte ein solcher Gesellschafter bisher die Wegzugsteuer durch eine zeitlich unbegrenzte und zinslose Stundung im Grunde ganz vermeiden. Doch genau dies erfährt nun eine drastische Verschärfung. So ist nunmehr eine Ratenzahlung der Steuer über 7 Jahre vorgesehen. Dabei soll das Ratenmodell sowohl im EU/EWR-Fall als auch im Drittstaatenfall möglich sein (eine sogenannte „One-Fits-All-Lösung“). Insbesondere diesen Punkt hat man an der neuen Fassung des Referentenentwurfs nachgebessert.
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3. Reform der Wegzugsbesteuerung: 5 Gestaltungen zur Vermeidung
Somit kommen wir zum interessanten Teil unseres Beitrags. Hierbei möchten wir Ihnen 5 Möglichkeiten vorstellen, mit denen Sie auch nach der Reform der Wegzugsbesteuerung in der Lage sind, die Wegzugsteuer zu vermeiden. Dabei gehen wir auch auf die Vor- und Nachteile ein, die mit den jeweiligen Voraussetzungen zur Umsetzung der Gestaltungsmodelle einhergehen.
Um die Strategie zur Vermeidung der Wegzugsteuer nachvollziehbar darzustellen, wollen wir auf das allgemeine Prinzip hinter unseren Modellen verweisen. Denn es ist der Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft, der hierbei im Fokus der Besteuerungsregeln steht. Wenn man also vermeiden kann, dass man als Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft ins Ausland zieht, vermeidet man auch die damit verbundene Wegzugsbesteuerung.
Apropos Kapitalgesellschaft: wir wollen dem Umstand Rechnung tragen, dass die meisten Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft, die ein Interesse an diesen Modellen haben, GmbH-Gesellschafter sind. Deshalb vereinfachen wir unseren Text, indem wir Kapitalgesellschaft durch GmbH substituieren.
3.1. Vermeidung der Wegzugsbesteuerung – Modell 1: Umwandlung in eine Personengesellschaft
Die Umwandlung einer GmbH in eine Personengesellschaft ist gewissermaßen der Klassiker zur Vermeidung der Wegzugsbesteuerung. Diesen Weg sind schon viele Unternehmer gegangen, bevor die Reform der Wegzugsbesteuerung auf die Tagesordnung kam.
Dabei ist dies im Grunde ganz einfach. Durch einen simplen Formwechsel wandelt man die GmbH zumeist in eine GmbH & Co. KG um. Dadurch stellt man sicher, dass man als alleiniger GmbH-Gesellschafter, wie es ja sehr oft der Fall ist, auch nach der Umwandlung ohne weitere Gesellschafter auskommt. Falls jedoch mehrere Gesellschafter an einer GmbH Anteile halten, dann kann natürlich auch eine andere Personengesellschaft als Ziel des Formwechsels dienen.
Hierbei ist zu beachten, dass durch den Formwechsel der vormalige GmbH-Gesellschafter nunmehr als Gesellschafter einer Personengesellschaft statt einer Kapitalgesellschaft ins Ausland wegzieht. Damit hat man die im Außensteuergesetz geforderte Hauptvoraussetzung umgangen. Doch sollte dabei der Betrieb weiterhin in Deutschland verbleiben, denn andernfalls könnte dies zu einer steuerpflichtigen Funktionsverlagerung führen.
Allerdings kann dieses Modell nur dann seinen Vorteil voll entfalten, wenn der Formwechsel der GmbH steuerlich neutral abläuft. Zum Glück stellt dies meist den Regelfall dar. Wenn jedoch die GmbH mit einem erheblichen Gewinnvortrag gesegnet ist, dann ist dies bei der Umwandlung alles andere als das. Denn dadurch findet § 7 UmwStG Anwendung. So kommt es dann zu einer gesetzlich verordneten Besteuerung einer fiktiven Ausschüttung aller in der GmbH steckenden Gewinne, die dem Gesellschafter zustehen. Wenn Sie also in einer solchen Situation die damit verbundene Kapitalertragsteuer vermeiden möchten, sollten Sie stattdessen eine der folgenden Alternativen erwägen.
3.2. Vermeidung der Wegzugsbesteuerung – Modell 2: Zwischenschaltung einer GmbH & Co. KG als Holding
Falls Sie weiterhin lieber als Gesellschafter einer GmbH & Co. KG statt einer GmbH ins Ausland ziehen möchten, dann können Sie auch eine Holding schaffen, bei der die GmbH nun in eine von Ihnen gegründeten GmbH & Co. KG einbringen. Die Zwischenschaltung einer GmbH & Co. KG funktioniert allerdings nur dann, wenn sie auch eine gewerbliche Tätigkeit im Inland ausführt. Die nahe liegende Option hierbei ist die Verwaltung oder das Management als Dienstleistung für die GmbH.
3.3. Vermeidung der Wegzugsbesteuerung – Modell 3: Gründung einer Familienstiftung
Als dritten Alternative, um auch nach der Reform der Wegzugsbesteuerung die Steuer auszuschließen, bietet die Gründung einer Familienstiftung verschiedene weitere Vorteile. Zunächst stiftet man die Anteile an der GmbH, um damit die Familienstiftung zu gründen. Zwar ist die Stiftung im Grunde ebenfalls eine Körperschaft, doch kennt eine Stiftung, anders als eine GmbH, keine Anteilseigner. Tatsächlich ist die Stiftung dadurch gekennzeichnet, dass sie in dieser Hinsicht lediglich den vom Stifter bestimmten Destinatären verpflichtet ist. Deshalb kann der vormalige GmbH-Gesellschafter nun ins Ausland wegziehen, denn das Außensteuergesetz sieht bei einer Stiftung ja keine Gesellschafter, die an ihr beteiligt sein könnten.
3.4. Vermeidung der Wegzugsbesteuerung – Modell 4: Gründung einer Genossenschaft
Anstelle der Stiftung der GmbH-Beteiligung in das Vermögen einer Familienstiftung kann auch die Gründung einer Genossenschaft dazu beitragen, dass sie auch nach der Reform der Wegszugsbesteuerung diese Steuer vermeiden. Allerdings kann man eine eingetragene Genossenschaft nur mit einer Mindestanzahl von 3 Genossenschaftlern gründen. Wenn Sie dies jedoch mit Ihnen vertrauenswürdigen Personen, zum Beispiel aus Ihrem Familienkreis, durchführen möchten, dann ist auch mit einer Schenkungsteuer zu rechnen, denn die Übertragung Ihrer Beteiligung erfolgt dann wohl auf diese Weise.
Außerdem sind Sie im Sinne des Außensteuergesetzes weiter als Anteilseigner anzusehen, wenn auch nun als Genossenschaftsmitglied. Dabei kommt der Genossenschaft jedoch zugute, dass der Wert Ihrer Anteile nur dem Nominalwert Ihrer Kapitaleinlage entspricht, darüberhinaus aber keine weitere Wertsteigerung erfährt. Da dies somit auch der Verkehrswert Ihres Anteils an der Genossenschaft ist, kann die Finanzverwaltung die Wegzugsteuer gerne anwenden. Denn dann sieht die Steuerberechnung vereinfacht so aus:
- Verkehrswert – Anschaffungskosten = EUR 0,00 steuerpflichtiger Betrag
3.5. Vermeidung der Wegzugsbesteuerung – Modell 5: Verkauf der GmbH an Holding für EUR 1 plus Besserungsschein
Nun zu unserem gewagtesten Modell, mit dem Sie auch nach der Reform der Wegzugsbesteuerung als GmbH-Gesellschafter ohne Wegzugsteuer ins Ausland ziehen können. Hierbei gründen Sie einfach mit dem gesetzlich vorgeschriebenen Mindeststammkapital von EUR 25.000 eine Holding-GmbH. An diese Holding verkaufen Sie nun Ihre Beteiligung an der operativen GmbH. Und zwar machen Sie das für den Preis von nur EUR 1,00. Im Kaufvertrag ist dann aber auch eine Forderung in Form eines sogenannten Besserungsscheins enthalten, die die Holding als Verbindlichkeit forthin zu erfüllen hat. Das bedeutet, dass die Holding im Grunde niemals von den Dividenden profitiert, die die operative GmbH ausschüttet. Vielmehr hat die Holding diese Gewinne an Sie weiterzureichen, um die Verbindlichkeit des Besserungsscheins zu erfüllen.
Jedenfalls steht Ihnen dadurch der Weg frei ins Ausland zu ziehen, ohne davor eine astronomische Wegzugsteuer zahlen zu müssen. Diese fällt dann nämlich allenfalls sehr gering aus, denn durch den Besserungsschein ist der Verkehrswert der Holding auf ihr Stammkapital beschränkt. Dagegen hat der Besserungsschein selbst keinen direkten Bezug zur Wegzugsteuer, denn diese ist keine der Voraussetzungen zur Erhebung der Steuer.
Jedoch hat dieses Modell einen Haken. Denn dadurch, dass Sie weiterhin Gesellschafter der Holding-GmbH sind, bleiben Sie, vorbehaltlich etwaiger Doppelbesteuerungsabkommen, in Deutschland steuerpflichtig, wenn auch nur beschränkt.
4. Gestaltungsspielraum nach dem Wegzug
Abschließend noch einige Gedanken zu den Möglichkeiten weiterer Gestaltung nach dem Wegzug eines GmbH-Gesellschafters, der die Wegzugsteuer mittels der ersten drei Optionen vermeidet. Hierbei geht es darum, dass der ursprüngliche Status quo wiederhergestellt wird. Damit ist das Ziel erreicht, als GmbH-Gesellschafter im Ausland ansässig werden zu können, ohne beim Wegzug der Wegzugsbesteuerung zu unterliegen.
4.1. Rückumwandlung der GmbH & Co. KG in eine GmbH
Falls ein GmbH-Gesellschafter ohne Wegzugsbesteuerung ins Ausland weggezogen ist, weil er zuvor seine GmbH in eine GmbH & Co. KG umgewandelt hat, kann er dies später rückgängig machen. Dazu muss er zwar bei seinem Wegzug innerhalb der EU oder der EWR verbleiben, doch steht der Weg für eine spätere Umwandlung der deutschen GmbH & Co. KG in eine GmbH prinzipiell offen. Auf diese Weise kann man dann fortan als GmbH-Gesellschafter im Ausland ansässig sein.
4.2. Umwandlung der zwischengeschalteten GmbH & Co. KG in eine GmbH
Ebenso kann man auch mit der GmbH & Co. KG verfahren, die man vor dem Wegzug ins Ausland als Holding über die operative GmbH platzierte. Auch hierbei ist das Resultat, dass man ohne Wegzugsbesteuerung als GmbH-Gesellschafter im Ausland ansässig ist.
4.3. Kauf der GmbH von der Familienstiftung
Im Falle der Familienstiftung, die die GmbH-Anteile im Zuge der Stiftung erhielt, kann man später vom Ausland aus einen Kaufvertrag mit der Stiftung über den Verkauf der GmbH schließen. Hierfür muss man lediglich eine Sperrfrist von 7 Jahren abwarten. Dann jedoch fließt der Veräußerungsgewinn aus dem Verkauf der GmbH der Familienstiftung zu, die ihn aber nur mit 1,5 % versteuert.
Steuerberater für Internationales Steuerrecht
Unsere Kanzlei hat sich besonders auf die steuerrechtliche Gestaltungsberatung von Unternehmen spezialisiert. Bei der Vermeidung der Wegzugsbesteuerung schätzen Mandanten unser Know-how beispielsweise in folgenden Bereichen:
- Umfassende Beratungen im Internationalen Steuerrecht (Quellensteuerabzug, Wegzugsbesteuerung, Hinzurechnungsbesteuerung)
- Entwicklung individueller Gestaltungsmodelle im internationalen Steuerrecht, beim Unternehmenskauf/-verkauf und bei Umstrukturierungen)
- Entwicklung von Verteidigungsstrategien gegenüber der Finanzverwaltung bei Einspruchsverfahren, Betriebsprüfungen, FG-Klageverfahren und BFH-Revisionsverfahren
- Beratung zum internationalen Erbschaftsteuerrecht
Hierzu stehen Ihnen unsere Steuerberater und Rechtsanwälte an den Standorten Köln und Bonn gerne für eine persönliche Beratung zur Verfügung. Zudem beraten wir deutschlandweit per Telefon und Videokonferenz:
Lehrauftrag für Steuergestaltung
Unsere besonderen Expertisen für Steuergestaltung werden auch durch die FOM Hochschule bestätigt. Steuerberater Christoph Juhn wurde dort zum Lehrbeauftragten für Steuerrecht berufen und lehrt seit dem Wintersemester 2013 die Veranstaltung „Steuergestaltung – (2) Internationales Steuerrecht“. Das vorlesungsbegleitende Skript stellen wir Ihnen hier gerne vorab als Information zum kostenlosen Download zur Verfügung:
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