Abfindung bei Gesellschaftsaustritt

Rechtliche Grenzen und die Abfindungsklauseln

Abfindung bei Gesellschaftsaustritt – rechtliche Grenzen und die Abfindungsklauseln

Die Gesellschaftsform der GmbH ist in weiten Teilen auf eine persönliche Verbindung der Gesellschafter ausgelegt. Aus den verschiedensten Gründen kommt es in der Praxis jedoch regelmäßig zu Austritten eines GmbH-Gesellschafters aus der Gesellschaft. Durch die zu zahlende Abfindung können die finanziellen Auswirkungen eines solchen Austritts in Einzelfällen sogar das wirtschaftliche Überleben der Gesellschaft gefährden. Um ein solches Szenario zu vermeiden, sollen im Folgenden die einzelnen Gestaltungsoptionen im Hinblick auf Abfindungsklauseln in GmbH-Gesellschaftsverträgen kurz dargestellt werden.

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Abfindung (Mit-)Gesellschafter

Im Video erklären wir Ihnen welche Möglichkeiten es gibt einen (Mit-)Gesellschafter abzufinden.


1. Die rechtliche Ausgangslage bei Gesellschaftsaustritt

Verlässt ein Gesellschafter eine GmbH, so hat er, unabhängig davon aus welchem Grund dies geschieht, einen Anspruch auf Zahlung einer Abfindung. Der Anspruch auf Abfindung besteht dementsprechend grundsätzlich sowohl bei freiwilligem als auch bei unfreiwilligem Austritt eines GmbH-Gesellschafters aus der Gesellschaft (vgl. zum unfreiwilligen Austritt den Artikel „Ausschluss von GmbH-Gesellschaftern“). Obwohl dieser Anspruch jedem Gesellschafter als allgemeiner Rechtsgrundsatz ohne weiteres zusteht, ist es aus verschiedenen Gründen angezeigt die Abfindungsmodalitäten detailliert im Gesellschaftsvertrag mittels einer Abfindungsklausel zu regeln. Von der auf diese Weise geschaffenen Rechtssicherheit profitieren GmbH und Gesellschafter gleichermaßen.

Fehlt eine gesellschaftsvertragliche Regelung der Abfindung, richtet sich die Höhe des Abfindungsanspruches nach dem vollen wirtschaftlichen Wert der GmbH-Beteiligung. Dies kann im Einzelfall die finanzielle Sicherheit einer GmbH stark beeinträchtigen. Allerdings kann die Höhe der Abfindung durch eine entsprechende Abfindungsklausel im Gesellschaftsvertrag individuell angepasst und vereinbart werden. So ist es auch möglich den Abfindungsbetrag für verschiedene Fälle des Ausscheidens eines Gesellschafters unterschiedlich zu gestalten. Insbesondere können mittels einer solchen Abfindungsklausel die sachlichen Unterschiede von freiwilligem Austritt (z.B. durch Kündigung) und unfreiwilligem Austritt eines Gesellschafters (Ausschluss, Einziehung) hinsichtlich der Abfindung berücksichtigt werden. In besonderen Fallkonstellationen ist es sogar zulässig eine Abfindung des austretenden Gesellschafters vollständig auszuschließen.

2. Die rechtlichen Grenzen der Gestaltungsfreiheit einer Abfindungsklausel

Im Rahmen der Vertragsgestaltung ist besonderes Augenmerk auf die Grenzen der Gestaltungsfreiheit zu legen. Überschreitet die satzungsmäßige Abfindungsklausel gewisse inhaltliche Schranken wirkt sich dies unmittelbar negativ auf die Wirksamkeit und Anwendbarkeit der Klausel aus. Dementsprechend ist bei der Erstellung einer Abfindungsklausel für einen GmbH-Gesellschaftsvertrag insbesondere auf die Gleichbehandlung aller Gesellschafter sowie die Vermeidung eines groben Missverhältnisses zwischen Abfindungsbetrag und Anteilswert zu achten. Ein Überschreiten dieser, mangels gesetzlicher Regelung nicht einheitlichen, Grenzen kann in vielen Fällen zur Nichtigkeit der Abfindungsklausel führen (gem. § 138 BGB o. § 241 ff AktG analog). Folglich wäre die Klausel für GmbH und Gesellschafter wertlos.

Aus diesem Grund sollte die Klausel bereits bei Vertragserstellung mit Weitsicht erstellt werden, da auch ein erst nach mehreren Jahren eintretendes grobes Missverhältnis zwischen Abfindungsbetrag und Anteilswert zu einer Unanwendbarkeit der Abfindungsklausel führt. Grundsätzlich ist es aufgrund dieser Komplexität sehr empfehlenswert eine Abfindungsklausel bei der Erstellung eines Gesellschaftsvertrages an die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles anzupassen.

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3. Die unterschiedlichen Gestaltungsoptionen für Abfindungsklauseln

3.1. Die Buchwertklausel

In der Praxis tritt die Ausgestaltung von Abfindungsklauseln in zahlreichen unterschiedlichen Formen auf. Eine der am häufigsten gewählten Varianten ist die Buchwertklausel. Durch die Aufnahme einer Buchwertklausel wird die bei einem Austritt geschuldete Abfindung auf den dem Geschäftsanteil des ausscheidenden Gesellschafters entsprechenden Buchwert des Gesellschaftsvermögens beschränkt. Für die Höhe der Abrechnung werden auf diese Weise vorhandene stille Reserven und Geschäfts- bzw. Firmenwert nicht berücksichtigt. Somit wird die Höhe der Abfindung im Vergleich zu einer Abfindung nach wahrem wirtschaftlichem Wert der Geschäftsanteile vermindert. Die Integrierung einer Buchwertklausel in die GmbH-Satzung ist grundsätzlich zulässig. Es besteht jedoch bei zunehmendem wirtschaftlichem Gesellschaftswert das Risiko der Unanwendbarkeit der Abfindungsklausel aufgrund eines nachträglich eingetretenen groben Missverhältnisses zwischen Höhe der satzungsmäßigen – und der wirtschaftlich angemessenen Abfindung. In diesem Falle steht dem ausscheidenden Gesellschafter nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes [BGH] ein Anspruch auf Abfindung in angemessener Höhe zu.

Eine Abwandlung der Buchwertklausel ist die Nennwertklausel. Diese lässt bei der Berechnung der Abfindungshöhe sogar offen ausgewiesene Rücklagen unberücksichtigt. Dementsprechend ist das Risiko der Unwirksamkeit der Abfindungsklausel noch größer als bei der Buchwertklausel.

3.2. Die Substanzwertklausel

Als eine weitere Gestaltungsalternative kommt die Substanzwertklausel in Betracht. Eine solche Abfindungsklausel stellt auf die Ermittlung des Anteilswertes anhand des Wiederbeschaffungswertes ab. Durch die gesonderte Bewertung der einzelnen Vermögensgegenstände der GmbH werden im Rahmen dieser Abfindungsklausel die stillen Reserven der Gesellschaft für die Abfindungshöhe berücksichtigt. Ein potentieller Firmen-/ oder Geschäftswert bleibt jedoch außen vor. Daher besteht auch bei der Integrierung von Substanzwertklauseln in den Gesellschaftsvertrag, insbesondere bei ertragskräftigen Unternehmen, das Risiko eins groben Missverhältnisses zwischen finalem Abfindungswert und dem vollen wirtschaftlichen Wert des Geschäftsanteils. Nichtsdestotrotz kann eine Substanzwertklausel in besonders gelagerten Einzelfällen (z.B. reine Vermögensverwaltungs-GmbH) eine sinnvolle vertragliche Regelung darstellen.

3.3. Die Ertragswertklausel

Die neben der Buchwertklausel in der Praxis am häufigsten gewählte Gestaltungsvariante stellt die Ertragswertklausel dar. Der Ertragswert ist eine gesondert zu berechnende Größe, die sich an den bisherigen und zukünftigen Erträgen der Gesellschaft orientiert. Die Ertragswertklausel per se stellt dabei keine grundlegende Änderung zu einer Abfindung nach dem vollen wirtschaftlichen Wert der Geschäftsanteile dar, da der volle wirtschaftliche Wert in der Regel nach dem Ertragswert zu bestimmen ist. Allerdings können Ertragswertklauseln von den Vertragsgestaltern meist so modifiziert werden, dass ein für Gesellschaft und Gesellschafter faires und angemessenes Ergebnis erzielt wird. Dies kann insbesondere durch prozentuale Beschränkungen oder mittels eines Risikoaufschlages auf den Basiszins gelingen. Im Rahmen der Vertragserstellung sollte aus Gründen der Rechtssicherheit auf die Definition des Berechnungsverfahrens des Ertragswertes geachtet werden.

3.4. Vereinfachte Berechnungsverfahren

Simple gesellschaftsvertragliche Verweise auf besondere Berechnungsverfahren, wie das bis Ende 2008 geltende „Stuttgarter Verfahren“ oder das seither gültige „vereinfachte Ertragswertverfahren“ (§§ 199 ff. BewG), als Regelbewertung vereinfachen die Unternehmensbewertung zwar erheblich, führen in vielen Fällen jedoch zu unpräzisen oder unpassenden Ergebnissen. Hierbei sind bereits die Unterschiede zwischen den beiden vorgenannten Berechnungsmethoden beachtlich. Während das „Stuttgarter Verfahren“ oftmals zu einer relativ niedrigen Anteilsbewertung führt, ist bei der Anwendung des „vereinfachten Ertragswertverfahrens“ in der Regel das Gegenteil der Fall. Insbesondere bei der Anwendung des „Stuttgarter Verfahrens“ besteht daher wiederum ein erhöhtes Risiko eines nachträglich eingetretenen groben Missverhältnisses zwischen Abfindungs- und Anteilswert. Gesellschafter deren GmbH-Satzungen nach wie vor einen unmodifizierten Verweis auf das „Stuttgarter Verfahren“ enthalten, sollten daher über eine Änderung der Abfindungsklausel nachdenken.


4. Der Ausschluss einer Abfindung

Alle bisher vorgestellten Varianten von Abfindungsklauseln weisen, wie in der gebotenen kürze dargestellt, unterschiedliche Vor- und Nachteile auf. Durch eine geschickte Auswahl und Modifikation der Abfindungsmodalitäten durch die Vertragsgestaltung kann in der Regel eine für alle Beteiligten nützliche Regelung geschaffen werden. Darüber hinaus besteht in besonderen Einzelfällen – wie bereits zu Beginn des Artikels erwähnt – die Möglichkeit eines vollständigen Ausschlusses des Abfindungsanspruches des ausscheidenden Gesellschafters. Da eine solche Vorgehensweise einen erheblichen Eingriff in die wirtschaftliche Freiheit der Gesellschafter darstellt, ist sie nur aufgrund einer besonderen sachlichen Rechtfertigung zugunsten der GmbH und zulasten der betroffenen Gesellschafter zulässig. Insbesondere in Sachverhaltskonstellationen, in denen die Gesellschaftsmitgliedschaft nur aufgrund anderer vertraglicher Vereinbarungen besteht (z.B. sog. „Manager-/Mitarbeitermodell“) oder die GmbH sich die Mitgliedschaft der Gesellschafter nicht aussuchen konnte (z.B. nicht blutsverwandte Erben eines verstorbenen Gesellschafters) kann eine solche Rechtfertigung bestehen.


5. Fazit

Insgesamt bleibt festzuhalten, dass auch eine auf den ersten Blick überschaubare Materie, wie die der Abfindungsklausel in GmbH-Satzungen, sowohl eine ausgeprägte Sachverhaltsanalyse im Einzelfall als auch eine interessensgerechte Vertragsgestaltung erfordern. Hierbei liegt der Teufel – wie so häufig – im Detail, eine pauschale Lösung die allen Gesellschaften und Gesellschaftern gleich gerecht wird gibt es nicht. Sollten Sie in einem GmbH-Gründungsprozess stecken oder nachträglich Fragen zu der Abfindungsklausel in Ihrer GmbH-Satzung haben, können unsere Experten Sie gerne hierzu individuell beraten.


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