Abrechnung der Gewerbesteuer

Welche Steuerbeträge können angerechnet werden?

Anrechnung der Gewerbesteuer nach § 35 EStG

Mit zahlreichen Beschlüssen – unter anderem dem vom 31.05.1990 (2 BvL 12, 13/88) – hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) Stellung zum Übermaßverbot im Steuerrecht bezogen. Eine solche Übermaßbesteuerung ist danach regelmäßig anzunehmen, wenn die Steuerbelastung deutlich über 50 % hinausgeht. Mit der Anrechnung der Gewerbesteuer auf die Einkommensteuer nach § 35 EStG begegnet der Gesetzgeber einem solch verfassungswidrigen Übermaß.

Unser Video:
Anrechnung der Gewerbesteuer

In diesem Video erklären wir, wie und in welcher Höhe Sie die Gewerbesteuer auf die ESt anrechnen lassen können.

Inhaltsverzeichnis

1. Ausgangslage und Grund einer Anrechnung der Gewerbesteuer

Vor allem als Unternehmerin oder Unternehmer bewegen Sie sich mitunter bereits bei der Einkommensteuer im Spitzensteuersatz von bis zu 45 %. Mit Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer ergibt sich bei einem zu versteuernden Einkommen von EUR 300.000 beispielsweise eine Belastung von EUR 134.340. Dabei haben wir für das Bundesland Nordrhein-Westfalen (9 % Kirchensteuer) und den Fall der Einzelveranlagung gerechnet. Die Steuerbelastung liegt im Ergebnis bei 44,78 %, steigt aber mit identischen Faktoren und höherem Einkommen auf bis zu 48,47 %.

Ohne die Möglichkeit einer Anrechnung der Gewerbesteuer würde sich diese Belastung um weitere – im bundesweiten Schnitt – 15 % erhöhen. Entsprechend läge ein klarer Verstoß gegen das vom BVerfG normierte Übermaßverbot im Steuerrecht vor.

Nach § 35 Absatz 1 Satz 1 EStG ist eine Anrechnung der Gewerbesteuer auf die Einkommensteuer möglich, wenn und soweit

  • sie einem gewerblichen Unternehmen (§ 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 EStG) oder
  • einer Mitunternehmerschaft (§ 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 EStG) entstammt und
  • das Vierfache des jeweiligen (anteiligen) Messbetrages nicht übersteigt,

soweit keine andere Vorschrift die Anwendung des § 35 EStG ausschließt. Die Anrechnung der Gewerbesteuer ist auf den tatsächlich gezahlten Steuerbetrag beschränkt (§ 35 Absatz 1 Satz 5 EStG). Schauen wir uns die (durchaus übersichtlichen) Tatbestandsmerkmale einmal etwas genauer an.

1.1. Gewerbliches Einzelunternehmen oder Mitunternehmerschaft

Voraussetzung für die Anrechnung der Gewerbesteuer ist nach § 35 Absatz 1 Satz 1 EStG ein gewerblich tätiges Personenunternehmen. Einzelunternehmen und Mitunternehmerschaften werden dabei identisch behandelt, da sie auch nach den Grundsätzen des § 15 EStG einer nahezu gleichen Besteuerungsnorm unterliegen. Bei Mitunternehmern erfolgt die Anrechnung insoweit, als die Gewerbesteuer nach dem jeweiligen Gewinnverteilungsschlüssel auf sie entfällt.

Gewerbliche Einkünfte im Sinne des § 35 EStG sind dabei die nach § 7 Satz 1 und 2 GewStG der Gewerbesteuer unterliegenden Gewinne. Freiberufliche Einkünfte oder solche aus Vermietung und Verpachtung fallen entsprechend heraus, da ohne gezahlte Gewerbesteuer auch keine Anrechnung erfolgen kann (§ 35 Absatz 1 Satz 3 und 5 EStG).

Kapitalgesellschaften wie die GmbH unterliegen zwar ebenfalls der Gewerbesteuer (§ 2 Absatz 2 GewStG), eine Anrechnung nach § 35 EStG scheidet mangels der Eigenschaft als Personenunternehmen hier allerdings aus.

1.2. Maximalhöhe einer Anrechnung der Gewerbesteuer

Für die Anrechnung der Gewerbesteuer kennt § 35 Absatz 1 Satz 2 EStG den sogenannten Ermäßigungshöchstbetrag. Er ergibt sich durch Division der Summe aller positiven gewerblichen Einkünfte durch die Summe sämtlicher positiver Einkünfte. Das so ermittelte Verhältnis ist anschließend mit der geminderten tariflichen Steuer zu multiplizieren.

Beispiel: Einzelunternehmer E hat einen gewerbesteuerpflichtigen Gewinn von EUR 100.000 erzielt. Im Übrigen erzielt er Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung von EUR 40.000. Die festzusetzende Gewerbesteuer beträgt EUR 14.500.

Lösung: Teilen wir die positiven gewerblichen Einkünfte von EUR 100.000 durch die positiven Gesamteinkünfte von EUR 140.000, erhalten wir ein Verhältnis von 0,71. Dieses ist mit der geminderten tariflichen Einkommensteuer (EUR 49.463 minus EUR 14.500) von EUR 34.963 zu multiplizieren. Der Ermäßigungshöchstbetrag liegt bei EUR 24.973 (gerundet).

Die insgesamt anzurechnende Gewerbesteuer ist allerdings

  • einerseits auf das Vierfache des Messbetrages und
  • andererseits auf die tatsächlich gezahlte Gewerbesteuer,

hier also EUR 14.500, beschränkt.

Haben Sie Fragen zur
Anrechnung der Gewerbe- auf die Einkommensteuer?

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2. Praktische Durchführung der Gewerbesteueranrechnung nach § 35 EStG

Die Anrechnung der Gewerbesteuer erfolgt vom Amts wegen, also ohne gesonderten Antrag des Steuerpflichtigen. Das für die Einkommensteuer zuständige Finanzamt (§ 19 AO) berechnet im Zuge der Veranlagung auch den Gewerbesteuer-Messbetrag. Anschließend erfolgt die Anrechnung für den Erhebungszeitraum der Gewerbesteuer (§ 14 GewStG) mit dem jeweiligen Hebesatz der Kommune, in der der Betrieb seinen Sitz hat.

Bei Mitunternehmerschaften erfolgt eine gesonderte Feststellung des gesamten Messbetrages, der anteiligen Messbeträge und der (anteilig) zu zahlenden Gewerbesteuer. Der Messbescheid ist Grundlagenbescheid und damit für die Einkommensteuerfestsetzung bindend (§ 35 Absatz 2 und 3 EStG, §§ 171 Absatz 10 und 182 Absatz 1 Satz 1 AO).

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Gewerbesteuer

  1. Allgemeine Beratung zu GmbH-Besteuerung (Gründung, Vermeidung von Betriebsaufspaltungen, Steuerreduktion bei Gewinnausschüttungen, Nutzung von Verlustvorträgen)
  2. Strategische Beratung bei Kapitalgesellschaften (Erwerb eigener Anteile, disquotale Gewinnausschüttung, Organschaft, Holdingstrukturen)
  3. Beratung zur Abgrenzung von typisch und atypisch stillen Gesellschaften
  4. Nutzung von Gewerbesteuervorteilen bei der atypisch stillen Gesellschaft
  5. Umfassende Beratung zu allen Arten der stillen Gesellschaft
  6. Entwicklung von Verteidigungsstrategien gegenüber der Finanzverwaltung bei Einspruchsverfahren, Betriebsprüfungen, FG-Klageverfahren und BFH-Revisionsverfahren

Hierzu stehen Ihnen unsere Steuerberater und Rechtsanwälte an den Standorten Köln und Bonn gerne für eine persönliche Beratung zur Verfügung. Zudem beraten wir deutschlandweit per Telefon und Videokonferenz:

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