Ansatz- und Bewertungsvorschriften für die Steuerbilanz

Was gilt je nach Rechtsform?

Ansatz und Bewertung in der Steuerbilanz: die Grundlagen

Dem Ansatz und der Bewertung von Wirtschaftsgütern kommen in der Steuerbilanz eine große Bedeutung zu. Grundsätzlich ist dabei aber erst einmal zu klären, ob die Unternehmerin oder der Unternehmer überhaupt zur Erstellung einer solchen Bilanz verpflichtet ist. Für den schlussendlichen Ausweis ist außerdem wichtig, welcher Gewinnermittlungszeitraum gilt und ob es sich bei Wirtschaftsgütern aller Art um notwendiges oder gewillkürtes Betriebsvermögen handelt.

Unser Video:
Grundlagen von Ansatz und Bewertung

In diesem Video gehen wir auf wichtige Basics rund um den Ansatz und die Bewertung ein.

Inhaltsverzeichnis

1. Grundsatz: Wann ist ein Ansatz in der Steuerbilanz erforderlich?

Vermögenswerte aller Art (Wirtschaftsgüter) sind in der Steuerbilanz anzusetzen, wenn der Unternehmer nach den Vorschriften der Abgabenordnung (AO) zur Erstellung einer solchen verpflichtet ist. Dabei ist zwischen § 140 AO (abgeleitete Bilanzierungspflicht) auf der einen und § 141 AO (unmittelbare Buchführungspflicht) zu unterscheiden:

  • Buchführungspflicht nach anderen Gesetzen, § 140 AO: Wer nach Rechtsvorschriften, die keine Steuergesetze sind, Bücher zu führen hat, den trifft diese Verpflichtung auch im Steuerrecht. So besteht beispielsweise für alle Kaufleute (Einzelhändler, OHGs, KGs) nach § 238 Absatz 1 HGB eine handelsrechtliche Buchführungspflicht. Ist diese Norm anzuwenden, gilt sie über § 140 AO auch für die Besteuerung
  • Besondere steuerliche Buchführungspflichten, § 141 AO: Ergibt sich aus § 140 AO keine Buchführungspflicht, so besteht sie mitunter nach § 141 Absatz 1 AO. Die Norm gilt ausschließlich für gewerbliche sowie land- und forstwirtschaftliche Betriebe, Freiberufler im Sinne des § 18 EStG sind ausgenommen. Die erfassten Berufsgruppen sind zur Erstellung einer Steuerbilanz verpflichtet, wenn sie entweder mehr als EUR 60.000 Gewinn oder über EUR 600.000 an Umsatz erwirtschaften. Die Buchführungspflicht beginnt, nachdem das Finanzamt den Steuerpflichtigen darauf aufmerksam gemacht hat, frühestens aber mit Beginn des nächsten Wirtschaftsjahres (§ 141 Absatz 2 AO)

Für die Definition „Umsatz“ ist auf § 19 Absatz 3 Satz 1 UStG abzustellen. Demnach unterliegen § 141 Absatz 1 Nummer 1 AO nur umsatzsteuerpflichtige Lieferungen und sonstige Leistungen. Soweit der Unternehmer steuerfreie Leistungen erbringt, sind diese bei der Berechnung des Umsatzes aber außen vor zu lassen.

2. Gewinnermittlungsarten: Bilanzierung oder Einnahmen-Überschuss-Rechnung?

Steuerpflichtige, die nach den §§ 140 und 141 AO zur Buchführung verpflichtet sind, ermitteln ihren Gewinn nach den Grundsätzen des § 4 Absatz 1 Satz 1 EStG („Bilanzierung“ oder „Betriebsvermögensvergleich“ genannt). Wer hingegen keiner Buchführungspflicht unterliegt, kann den Gewinn auch nach § 4 Absatz 3 Satz 1 EStG (Einnahmen-Überschuss-Rechnung, EÜR) ermitteln. Die Vorschriften über Ansatz und Bewertung von Vermögensgegenständen gelten für beide Formen.

Wechselt der Unternehmer von der Bilanzierung auf die EÜR oder andersherum, kann es zu einer doppelten oder ausbleibenden Erfassung von Geschäftsvorfällen kommen. Um dies zu vermeiden, ist mitunter ein Übergangsgewinn oder –verlust anzusetzen (Wechsel der Gewinnermittlungsart).

Eine Gewinnermittlung ist dabei nur bei Gewinneinkünften (§ 2 Absatz 1 Satz 1 Nummern 1 bis 3, Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 EStG) notwendig. Sogenannte Überschusseinkünfte (Nichtselbstständige Arbeit, Vermietung und Verpachtung, Kapitalvermögen und sonstige Einkünfte) ermitteln den Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten (§§ 2 Absatz 1 Satz 1 Nummern 4 bis 7, Absatz 2 Satz 1 Nummer 2, 8 Absatz 1 und 9 EStG).

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2.1. Der Betriebsvermögensvergleich

Der BVV ist „der Klassiker schlechthin“ unter den Gewinnermittlungsarten. Anzuwenden ist die Formel des § 4 Absatz 1 Satz 1 EStG, sodass der Jahresgewinn abschließend wie folgt zu ermitteln ist:

Betriebsvermögen am Schluss des aktuellen Wirtschaftsjahres – Betriebsvermögen am Schluss des vorhergehenden Wirtschaftsjahres + Entnahmen – Einlagen

Entnahmen sind alle Wirtschaftsgüter, die der Steuerpflichtige seinem Betrieb im Laufe des Wirtschaftsjahres entnommen hat (§ 4 Absatz 1 Satz 2 EStG). Entsprechendes gilt für Nutzungen und Leistungen, beispielsweise die Erbringung von Dienstleistungen durch das eigene Personal für den privaten Bedarf des Steuerpflichtigen oder die Verwendung des betrieblichen Pkw für Privatfahrten.

Im Umkehrschluss sind Einlagen Zuführungen aus dem Privat- in das Betriebsvermögen des Steuerpflichtigen (§ 4 Absatz 1 Satz 8 EStG). Neben Wirtschaftsgütern (Sacheinlage) können dabei auch Dienstleistungen eingelegt werden (Nutzungseinlage).

Forderungen und Verbindlichkeiten sind bei der Bilanzierung im Zeitpunkt ihrer Entstehung zu berücksichtigen. Wann die Zahlung eingeht oder die Leistung durch den Unternehmer erfolgt, spielt hingegen keine Rolle. Ansatz und Bewertung in der Bilanz richten sich nach dem Handelsrecht sowie den besonderen Vorgaben des Steuerrechts, soweit diese greifen (§§ 5 bis 7 EStG).

2.2. Die Einnahmen-Überschuss-Rechnung

Wie der Name der EÜR bereits verrät, handelt es sich bei ihr um die Ermittlung der Differenz zwischen Einnahmen und Ausgaben. Sie stellt am Ende den anzusetzenden Gewinn oder Verlust dar. Der Steuerpflichtige erfasst dabei alle Zahlungen mit ihrer tatsächlichen Durchführung (§ 11 Absatz 1 und 2 EStG), was bedeutet, dass

  • Zahlungseingänge mit Eingang auf dem Girokonto oder in der Kasse zu berücksichtigen sind, und
  • Zahlungsausgänge anzusetzen sind, sobald die entsprechende Buchung auf dem Konto oder die Entnahme aus der Kasse bei Barzahlung erfolgt.

Minderungen aller Art, zum Beispiel durch Skonti, wirken sich bei der EÜR unmittelbar durch den dann reduzierten Geldein- oder Ausgang aus. Eine gesonderte Buchung ist nicht erforderlich.

Bei der EÜR gibt es keine Bilanz, sondern das „gesonderte Verzeichnis“ des § 4 Absatz 3 Satz 5 EStG (Anlageverzeichnis). Hierin sind alle Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens zu erfassen; Ansatz und Bewertung richten sich nach allgemeinen Vorschriften (§§ 5 bis 7 EStG). Abschreibungen sind Betriebsausgaben (§ 4 Absatz 4 EStG), die sich unmittelbar auswirken.

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2.3. Das Wirtschaftsjahr und seine Bedeutung bei Ansatz und Bewertung von Wirtschaftsgütern

Unabhängig von der Art der Gewinnermittlung (§ 4 Absatz 1 oder Absatz 3 EStG) ist der Gewinn stets für das gewählte Wirtschaftsjahr zu ermitteln. Nach diesem Wirtschaftsjahr richtet sich auch, zu welchem Abschlussstichtag der Ansatz und die Bewertung von Wirtschaftsgütern zu erfolgen haben.

Das Wirtschaftsjahr entspricht

  • bei Land- und Forstwirten dem Zeitraum zwischen dem 01. Juli und dem 30. Juni (§ 4a Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 EStG),
  • bei Gewerbetreibenden mit Handelsregistereintrag regelmäßig das Kalenderjahr, soweit kein abweichendes Wirtschaftsjahr bestimmt wurde (§ 4a Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 EStG), und
  • bei sonstigen Gewerbetreibenden (ohne Handelsregistereintrag) das Kalenderjahr (§ 4a Absatz 1 Satz 2 Nummer 3 Satz 1 EStG).

Wird ein abweichendes Wirtschaftsjahr vereinbart (etwa von April bis März), so gilt der Gewinn als in dem Kalenderjahr bezogen, in dem das Wirtschaftsjahr endet. Ist dies der 31.03.2023, so gilt der gesamte Gewinn als im Jahr 2023 vereinnahmt; eine zeitanteilige Berechnung findet nicht statt (§ 4a Absatz 2 Nummer 2 EStG).

Das Wirtschaftsjahr muss 12 Monate dauern. Etwas Abweichendes gilt nur für das Jahr, in dem der Betrieb eröffnet, aufgegeben oder veräußert wurde (§ 8b Satz 1 und Satz 2 Nummer 1 EStDV). Hier entsteht dann ein sogenanntes Rumpf-Wirtschaftsjahr. Entsprechendes ist der Fall beim Übergang auf ein anderes Wirtschaftsjahr (etwa vom Abschlussstichtag 31. März auf den 30. April eines Jahres).

Auf Freiberufler findet § 4a EStG keine Anwendung. Sie müssen ihren Gewinn stets nach dem Kalenderjahr ermitteln. Ansatz und Bewertung von Wirtschaftsgütern werden daher im jeweiligen Abschluss zum 31. Dezember ersichtlich. Allerdings kommt es bei Eröffnung, Aufgabe und Veräußerung des Betriebs auch hier zu einem Rumpf-Wirtschaftsjahr.

3. Unterscheidung zwischen notwendigem und gewillkürtem Betriebsvermögen

Das Steuerrecht kennt, konkretisiert durch die Richtlinie 4.2 Absatz 1 EStR, drei Arten von Vermögenswerten:

  • Notwendiges Betriebsvermögen: Es umfasst alle Wirtschaftsgüter sowie die mit ihnen verbundenen Schulden, die zu mehr als 50 % betrieblich genutzt werden. Die Zuordnung zum Betriebsvermögen ist hier verpflichtend und kann auch durch das Finanzamt in Form einer Zwangseinlage erfolgen
  • Gewillkürtes Betriebsvermögen: Es umfasst Wirtschaftsgüter, deren betriebliche Nutzung bei mindestens 10 % und maximal 50 % liegt. Hier hat der Steuerpflichtige ein Zuordnungswahlrecht, er kann den Gegenstand also dem Betriebsvermögen zuordnen, ist dazu aber nicht verpflichtet
  • Notwendiges Privatvermögen: Es umfasst Wirtschaftsgüter, die zu weniger als 10 % betrieblich verwendet werden. Sie dürfen keinesfalls dem betrieb zugeordnet werden

Es gilt: Schulden, die in Zusammenhang mit Wirtschaftsgütern des Betriebsvermögens (etwa durch deren Anschaffung) stehen, sind ebenfalls (negatives) Betriebsvermögen. Wird ein Wirtschaftsgut dem Betriebsvermögen zugeführt, sind die entsprechenden Kosten (Abschreibung, laufende Aufwendungen, Zinsen) als Betriebsausgaben abziehbar.

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Hierzu stehen Ihnen unsere Steuerberater und Rechtsanwälte an den Standorten Köln und Bonn gerne für eine persönliche Beratung zur Verfügung. Zudem beraten wir deutschlandweit per Telefon und Videokonferenz:

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