Bankenprivileg: Ausnahme von der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung
Nach § 8 GewStG werden dem Gewinn aus Gewerbebetrieb bestimmte Betriebsausgaben wieder hinzugerechnet, sofern sie den Gewinn vorher gemindert haben. Dies gilt nach § 8 Nummer 1 Buchstabe a GewStG zum Beispiel für Zinsen und sonstigen Entgelten für Schulden. Ist das Unternehmen jedoch eine Bank im Sinne des KWG, greift das sogenannte Bankenprivileg. Es führt dazu, dass Entgelte für Schulden nur anteilig hinzuzurechnen sind, wenn bestimmte Voraussetzungen vorliegen. Geregelt ist das Bankenprivileg in § 19 GewStDV.
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Inhaltsverzeichnis
1. Grundsatz: Hinzurechnung von Entgelten für Schulden bei der Gewerbesteuer
Bemessungsgrundlage der Gewerbesteuer ist grundsätzlich der Gewinn aus Gewerbebetrieb, der nach den §§ 4 und 5 EStG ermittelt wurde (§ 7 GewStG). Für Zwecke der Gewerbesteuer sind hiervon allerdings diverse Hinzu- und Abrechnungen vorzunehmen, sodass sich die Bemessungsgrundlage der Gewerbesteuer im Ergebnis von der einkommen- oder körperschaftsteuerlichen Bemessungsgrundlage unterscheiden kann.
Hinzuzurechnen sind nach § 8 Nummer 1 Buchstabe a GewStG unter anderem Entgelte für Schulden, also Zinsen und mit ihnen vergleichbare Zahlungen. „Schulden“ sind jede Art von Fremdkapital, die ein Unternehmen aufnimmt, in erster Linie also Kredite von Banken und Gesellschaftern. Die Hinzurechnung erfolgt im Umfang von 25 %, soweit die Summe der Zinsen EUR 200.000 übersteigt.
Beispiel: Die A-GmbH hat im Jahr 2024 EUR 500.000 an Zinsen gezahlt. Hiervon überschreiten EUR 300.000 die Grenze von EUR 200.000. Damit sind 25 % von EUR 300.000, also EUR 75.000, nach § 8 Nummer 1 GewStG hinzuzurechnen.
Mit der Hinzurechnung möchte der Gesetzgeber erreichen, dass die Entgelte für das dem Unternehmen zur Verfügung stehende Fremdkapital und der gewinnmindernde Aufwand, der wirtschaftlich mit den Entgelten für Fremdkapital vergleichbar ist, in begrenztem Umfang als Ertrag des den Besteuerungsgegenstand bildenden Unternehmens erfasst werden.
2. Ausnahme: Bankenprivileg nach § 19 GewStDV
Banken und andere Kreditinstitute finanzieren ihre Investitionen größtenteils mit Fremdkapital, das sie unter anderem bei der Europäischen Zentralbank (EZB) aufnehmen (BFH vom 06.12.2016, I R 79/15). Sie sind damit mehr oder weniger „Durchlaufstellen“ für Kapital, welches sie im Anschluss Unternehmens- und Privatkunden zur Verfügung stellen.
Würde man § 8 Nummer 1 Buchstabe a GewStG nach seinem Wortlaut auch auf Banken anwenden, käme es zu einer vom Gesetzgeber nicht gewollten Überbelastung der Kreditinstitute. Daher hat der Gesetzgeber über § 35c Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe f GewStG in Verbindung mit § 19 GewStDV das sogenannte Bankenprivileg eingeführt.
2.1. Begünstigte Unternehmen
Wie der Name bereits verrät, begünstigt das sogenannte Bankenprivileg ausschließlich Banken und mit ihnen vergleichbare Institute. Konkret sind es folgende Einrichtungen, die von § 19 GewStDV erfasst werden:
- Banken im Sinne des § 1 Absatz 1 Satz 1 KWG
- Pfandleiher im Sinne der Pfandleihverordnung (§ 19 Absatz 3 Nummer 1 GewStDV)
- Gewerbebetriebe, die Kredite erwerben und die hiermit verbundenen Risiken tragen; dies gilt nur, wenn die Kredite aus Bankgeschäften (§ 1 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2,3 und 8 KWG) stammen
- Gewerbebetriebe, die ausschließlich Schuldtitel ausgeben, wenn sich diese auf Kredite im Sinne des KWG beziehen
In der Praxis sind damit vor allem Banken, Pfandhäuser und Factoring-Unternehmen von der Freistellung betroffen. Sie gilt aber auch für Finanzierungsunternehmen im Firmenverbund, sogenannte Konzernfinanzierungsgesellschaften (BFH vom 30.11.2023, III R 55/20). Ihre Aufgabe besteht darin, Vorhaben im Unternehmensverbund zu finanzieren und hierzu unter anderem an Schwestergesellschaften Darlehen auszureichen.
Achtung: Auch die Konzernfinanzierungsgesellschaft muss eine solche im Sinne des § 1 Absatz 1 Satz 1 und 2 KWG sein.
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2.2. Voraussetzung für die Anwendung des Bankenprivilegs
Ist das Kreditinstitut oder die Finanzierungsgesellschaft dem Grunde nach begünstigt, ist § 19 Absatz 2 GewStDV zu prüfen. Demnach ist das Bankenprivileg nur auf Kreditinstitute im Sinne des KWG anzuwenden, bei denen die Aktivposten aus Bankgeschäften im Jahresdurchschnitt diejenigen aus anderen Leistungen überwiegen. Abzustellen ist hierbei auf die sogenannten Monatsausweise nach § 25 KWG, die jede Bank an die deutsche Bundesbank zu übermitteln hat.
Beispiel: Auf der Aktivseite einer Konzernfinanzierungsgesellschaft stehen Forderungen in Höhe von EUR 1.000.000 auf Rückzahlung offener Darlehen. Weitere Forderungen im Umfang von EUR 50.000 betreffen sonstige Finanzdienstleistungen. Da die Forderungen aus Bankgeschäften die sonstigen Aktivposten überwiegen, kann die Gesellschaft das Bankenprivileg in Anspruch nehmen.
Maßgeblich ist das jeweilige Wirtschaftsjahr, also beispielsweise der Durchschnitt der Monatsausweise des Kalenderjahres 2024 (§ 19 Absatz 2 Satz 1 GewStDV).
2.3. Höhe der Begünstigung
Beim Bankenprivileg handelt es sich um eine steuerliche Vergünstigung, die je nach individueller Finanzlage nur für einen Teil der Entgelte für Schulden gilt. Die Höhe der Privilegierung ergibt sich dabei aus § 19 Absatz 1 Satz 1 GewStG. Es gilt die folgende Formel:
Summe der Buchwerte des Anlagevermögens (Grundstücke, Gebäude, Betriebsausstattung, Schiffe, Unternehmensanteile, Forderungen ohne solche aus Bankgeschäften) minus Eigenkapital = Schuldenhöchstbetrag
Ergibt sich ein Schuldenhöchstbetrag von beispielsweise EUR 100.000, können maximal EUR 25.000 (ein Viertel des Höchstbetrages) nach § 8 Nummer 1 Buchstabe a GewStG hinzugerechnet werden. Der Schuldenhöchstbetrag kann maximal bei EUR 0,00 liegen, Ergibt sich rechnerisch ein negativer Betrag, weil die Buchwerte des Anlagevermögens das Eigenkapital unterschreiten, kommt es nicht zu einer Hinzurechnung. Ein negativer Hinzurechnungsbetrag ist ausgeschlossen.
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3. Praktische Bedeutung des Bankenprivilegs
Neben „klassischen“ Kreditinstituten profitieren insbesondere Konzernfinanzierungsgesellschaften vom gewerbesteuerlichen Bankenprivileg, weil innerhalb des Konzernverbundes insgesamt weniger Gewerbesteuer zu zahlen ist. Dabei kommt es allerdings auf die Eigenschaft der Gesellschaft als Kreditinstitut im Sinne des § 1 Absatz 1 KWG an, da die Anwendung des Bankenprivilegs im Übrigen weitgehend ausgeschlossen ist.
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