Entnahmen im Einkommen- und Umsatzsteuerrecht
Unternehmer können Wirtschaftsgüter und Dienstleistungen entweder für das Betriebs- oder ihr Privatvermögen beziehen. Im Umsatzsteuerrecht ist zusätzlich zwischen dem unternehmerischen auf der einen sowie dem nichtunternehmerischen Bereich auf der anderen Seite zu unterscheiden. Überführungen aus dem Betriebs- in das Privatvermögen unterliegen der Besteuerung als sogenannte Entnahmen.
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1. Grundsatz: Zuordnung zum Betriebs- oder Privatvermögen?
Unternehmer im Sinne der §§ 13, 15 und 18 EStG müssen bereits bei der Anschaffung eines Wirtschaftsgutes bestimmen, ob sie dieses
- vollständig dem Betriebsvermögen,
- vollständig dem Privatvermögen oder
- teilweise dem Betriebs- und teilweise dem Privatvermögen
zuordnen. Dabei gilt, dass eine vollständige Zuordnung zum Unternehmen (notwendiges Betriebsvermögen) immer dann zwingend vorzunehmen ist, wenn der Gegenstand zu mehr als 50 % unternehmerisch genutzt wird (R 4.2 Absatz 1 Satz 4 EStR). Liegt die unternehmerische Nutzung bei weniger als 10 %, liegt notwendiges Privatvermögen vor. Eine Zuordnung zum Betriebsvermögen ist ausgeschlossen (R 4.2 Absatz 1 Satz 5 EStR).
Ein Sonderfall liegt vor, wenn die unternehmerische Nutzung zwar mehr als 10 %, aber auch weniger als 50 % beträgt. Hier kann der Unternehmer selbst entscheiden, ob das Wirtschaftsgut ins Betriebs- oder Privatvermögen erworben werden soll. Erfolgt eine Zuordnung zum Unternehmen, handelt es sich um gewillkürtes Betriebsvermögen (R 4.2 Absatz 1 Satz 6 EStR).
Im Umsatzsteuerrecht ist hingegen die Rede vom Unternehmensvermögen, wobei sich der Gesetzgeber auf den umsatzsteuerlichen Unternehmensbegriff (§ 2 Absatz 1 Satz 2 UStG) bezieht. Dabei gelten die folgenden Grundsätze (Abschnitt 15.2c Absatz 1 fort folgende UStAE):
- Beträgt die unternehmerische Nutzung weniger als 10 %, besteht ein Zuordnungsverbot (§ 15 Absatz 1 Satz 2 UStG)
- Wird das Wirtschaftsgut ausschließlich unternehmerisch genutzt, besteht ein Zuordnungsgebot – der Unternehmer muss den Gegenstand dem Unternehmensvermögen zuordnen
- Liegt die unternehmerische Nutzung bei mehr als 10 %, aber weniger als 100 %, hat der Unternehmer ein Zuordnungswahlrecht
Mit der Besteuerung von Entnahmen möchte der Gesetzgeber sicherstellen, dass Gegenstände, für die ein Betriebsausgaben- und Vorsteuerabzug vorgenommen wurde, auch tatsächlich für unternehmerische Zwecke verwendet werden. Ist dies nicht (mehr) der Fall, soll der Unternehmer insoweit einer Privatperson – die von Anfang an weder Betriebsausgaben- noch Vorsteuerabzug geltend machen konnte – gleichgestellt werden.
2. Die Entnahme im Einkommensteuerrecht
Einkommensteuerlich liegt eine Entnahme vor, wenn der Unternehmer
- ein Wirtschaftsgut
- aus dem (notwendigen oder gewillkürten) Betriebsvermögen
- in sein oder das Privatvermögen einer anderen Person
überführt (§ 4 Absatz 1 Satz 2 EStG). Der Ausschluss des Besteuerungsrechts Deutschlands wird einer Entnahme gleichgestellt (sogenannte Entstrickung, § 4 Absatz 1 Satz 3 EStG). Der letztgenannte Fall liegt vor allem dann vor, wenn der Unternehmer das Wirtschaftsgut in das Vermögen einer ausländischen Betriebsstätte (§ 12 AO) seines eigenen oder in das ausländische Betriebsvermögen eines anderen Unternehmens überführt.
Entnahmen erfordern regelmäßig eine klare und eindeutige Entnahmehandlung. Diese liegt insbesondere mit der entsprechenden Verbuchung der Entnahme oder bei einer Erklärung des Steuerpflichtigen gegenüber dem Finanzamt vor (R 4.3 Absatz 3 Satz 3 bis 5 EStR). Der Unternehmer muss kenntlich machen, dass das bislang dem Betrieb zugeordnete Wirtschaftsgut nun ganz oder teilweise ins Privatvermögen überführt wurde.
Entnahmen sind nach § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 1 EStG mit dem Teilwert anzusetzen. Der Teilwert ist in der Regel ein Bruttobetrag; die hierin enthaltene Umsatzsteuer stellt eine nicht abziehbare Ausgabe im Sinne des § 12 Nummer 3 EStG dar.
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3. Umsatzsteuerliche Behandlung von Entnahmen
Umsatzsteuerlich werden Entnahmen (unentgeltliche Wertabgaben) entweder einer Lieferung oder einer sonstigen Leistung gleichgestellt. Voraussetzung dafür, dass überhaupt Umsatzsteuer anfällt, ist allerdings, dass der Gegenstand zumindest zu einem teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt hat. Zu unterscheiden ist zwischen:
- Entnahmen von Gegenständen, die dem Unternehmensvermögen zugeordnet wurden, in das Privatvermögen des Unternehmers (§ 3 Absatz 1b Satz 1 Nummer 1 UStG)
- Verwendung von Gegenständen, die sich im Unternehmensvermögen befinden, für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen (§ 3 Absatz 9a Nummer 1 UStG)
Bemessungsgrundlage der Umsatzsteuer ist
- in den Fällen des § 3 Absatz 1b UStG der Einkaufspreis inklusive der Nebenkosten oder, wenn ein solcher nicht vorhanden ist, nach den Selbstkosten des Unternehmers (§ 10 Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 UStG) und
- in den Fällen des § 3 Absatz 9a UStG die Summe der Ausgaben für das Wirtschaftsgut, soweit sie zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt haben. Anschaffungs- oder Herstellungskosten sind hier, verteilt auf den maßgebenden Berichtigungszeitraum nach § 15a Absatz 1 UStG, ebenfalls zu berücksichtigen.
Damit weichen einkommen- sowie umsatzsteuerliche Bemessungsgrundlage von Entnahmen regelmäßig voneinander ab.
4. Privatnutzung betrieblicher Fahrzeuge – Steuervorteile geschickt ausnutzen!
Die allgemeinen Grundsätze zur Besteuerung von Entnahmen gelten auch für Fahrzeuge, die dem Betriebs- respektive Unternehmensvermögen zugeordnet sind. Einkommensteuerlich hat der Unternehmer dabei die Möglichkeit, die Privatnutzung entweder anhand eines Fahrtenbuchs oder pauschal durch die 1-%-Methode zu versteuern:
- Im Fahrtenbuch erfasst der Unternehmer alle gefahrenen Kilometer. Soweit er betrieblich unterwegs war, kann er die entsprechenden Ausgaben nach § 4 Absatz 4 EStG geltend machen
- Bei der 1-%-Methode versteuert der Unternehmer für jeden Monat der privaten Nutzung 1 % des Bruttolistenpreises des Fahrzeugs. Sonderausstattung ist dabei einzubeziehen
Die einkommensteuerlichen Werte sind auch für die Umsatzbesteuerung anwendbar (Abschnitt 15.23 Absatz 5 Satz 4 UStAE). Wendet der Unternehmer die 1-%-Methode an, kann er den nach § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 2 EStG angesetzten Wert um eine Pauschale von 20 % für die nicht mit Vorsteuer belasteten Ausgaben kürzen.
Bei Elektro- und Hybridfahrzeugen erfolgt der Ansatz lediglich mit 0,25 % des inländischen Bruttolistenpreises (§ 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 2 Halbsatz 2 EStG). Der Betriebsausgabenabzug bleibt in vollem Umfang erhalten. Entsprechendes gilt für die Fahrtenbuchmethode. Liegt der Bruttolistenpreis bei mehr als EUR 60.000, muss der Unternehmer 0,5 % der jeweiligen Ermittlungsgrundlage versteuern.
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- Beurteilung der Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs
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