Der Insolvenzantrag...

…und seine Voraussetzungen nach der Insolvenzordnung

Insolvenzantrag: Antragsrechte und Antragspflichten

Das zuständige Insolvenzgericht leitet ein Insolvenzverfahren grundsätzlich nur auf Antrag, den sogenannten Insolvenzantrag, ein. Damit handelt es sich um ein Antragsverfahren, was im Umkehrschluss bedeutet, dass kein „Insolvenzverfahren von Amts wegen“ (etwa nach § 22 VwVfG) stattfinden kann. Schauen wir uns nun etwas genauer an, wer den Insolvenzantrag stellen darf, wer gegebenenfalls dazu verpflichtet ist und welchen Inhalt der Antrag mindestens haben muss.

Unser Video:
Der Insolvenzantrag

In diesem Video erklären Christoph Juhn und Stephan Arens, welche Grundsätze es beim Insolvenzantrag zu beachten gibt.

Inhaltsverzeichnis

1. Grundsatz: Der Insolvenzantrag nach § 13 InsO

Grundlage des Insolvenzverfahrens ist die Insolvenzordnung (InsO) in Verbindung mit der Zivilprozessordnung (ZPO) und verschiedenen Nebengesetzen sowie Verordnungen. Dabei gilt nach § 13 Absatz 1 Satz 1 InsO, dass das Insolvenzverfahren nur auf schriftlichen Antrag hin eröffnet wird. Zuständig für die weitere Bearbeitung ist dann das Insolvenzgericht nach den §§ 2 und 3 der InsO, das unter anderem auch den Insolvenzverwalter bestimmt.

Zur Einreichung des Insolvenzantrags sind Gläubiger und Schuldner gleichermaßen berechtigt (§ 13 Absatz 1 Satz 2 InsO). Stellt der Schuldner – also das zahlungsunfähige oder überschuldete Unternehmen – den Insolvenzantrag, so muss er ihm ein Verzeichnis aller Gläubiger und ihrer Forderungen beilegen. Maßgeblich ist der Stand am Tag der Antragstellung.

Unterhält der Schuldner einen laufenden Geschäftsbetrieb, gelten umfangreichere Verpflichtungen nach § 13 Absatz 1 Satz 3 InsO. Im Verzeichnis nach Satz 2 sollen dann insbesondere die folgenden Angaben deutlich hervorgehoben oder kenntlich gemacht werden:

  • Höchste Forderung
  • Höchste gesicherte Forderung
  • Forderungen von Finanzverwaltung und Sozialversicherungsträger
  • Forderungen, die sich aus einer betrieblichen Altersversorgung ergeben

Darüber hinaus sind Angaben zur Bilanzsumme, zu den Umsatzerlösen und zur durchschnittlichen Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer des jeweiligen Vorjahres notwendig. Erforderlich ist abschließend eine Erklärung über die Richtigkeit und Vollständigkeit des gesamten Verzeichnisses (§ 13 Absatz 1 Satz 6 InsO).

Im weiteren Verlauf

  • kann das Insolvenzgericht den Antragsteller auffordern, im Antrag enthaltene Mängel unverzüglich zu beheben, soweit solche vorhanden sind (§ 13 Absatz 3 InsO) und
  • besteht die Möglichkeit der Rücknahme durch den Antragsteller, bis das Verfahren eröffnet oder der Antrag abgewiesen wurde (§ 13 Absatz 2 InsO).

2. Wer darf oder muss den Insolvenzantrag stellen?

In den §§ 13 bis 15a InsO finden sich ausführliche Regelungen zur grundsätzlichen Antragsbefugnis und zu Antragspflichten in bestimmten Fällen. Besteht ein Antragsrecht, entscheidet der Berechtigte selbst, ob er den Insolvenzantrag stellt oder ob er dies unterlässt. Bei einer Antragspflicht scheidet ein solches Wahlrecht aus. Hier ist der Insolvenzantrag zwingend zu stellen, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen.

2.1. Antragsrecht des Gläubigers nach § 14 InsO

Das sogenannte Antragsrecht trifft insbesondere die Gläubiger eines Schuldners. Ein Gläubiger kann beim Insolvenzgericht einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gegen den Schuldner stellen, wenn er

  • ein rechtliches Interesse an der Eröffnung des Verfahrens hat und
  • das Bestehen seiner Forderung glaubhaft darlegen kann (§ 14 Absatz 1 Satz 1 InsO).

Ein solcher Fremdantrag kann dabei auch von Behörden und Sozialversicherungsträgern, insbesondere aber vom Finanzamt, gestellt werden. Denn diese Einrichtungen können ihre Forderungen durch eigene Bedienstete durchsetzen lassen (Vollstreckung). Wird dabei festgestellt, dass der Schuldner zahlungsunfähig oder überschuldet ist, entsteht aus Sicht der Behörde das Risiko eines vollständigen Zahlungsausfalls.

In diesem Risiko eines vollständigen Zahlungsausfalls liegt der rechtliche Grund für die Stellung des Insolvenzantrags. Da die jeweiligen Abgabenforderungen bereits aufgrund der maßgeblichen Gesetze bestehen, kann die Behörde sie auch glaubhaft darlegen.

Unter den Begriff der Gläubiger fallen aber auch Geschäftspartner, Unternehmen und sonstige Personen, die offene Forderungen gegen den Schuldner haben. Diese müssen ihre Ansprüche allerdings etwas umständlicher über das Amtsgericht vollstrecken lassen (Mahnbescheid und Vollstreckungsbescheid nach § 701 ZPO). Anschließend ist unter den Voraussetzungen des § 14 Absatz 1 InsO auch hier eine Antragstellung möglich.

Im Übrigen führt die Erfüllung der Forderung nicht automatisch zur Unzulässigkeit des Antrags (§ 14 Absatz 1 Satz 2 InsO). Geschieht dies aber im Einzelfall doch, so trägt der Schuldner die Kosten des Verfahrens, wenn er die Forderung erst nach Antragstellung durch den Gläubiger erfüllt (§ 14 Absatz 3 Satz 1 InsO).

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2.2. Antragsrecht bei juristischen Personen und Personengesellschaften nach § 15 InsO

Neben den Gläubigern können auch die zur Vertretung berechtigten Organe von

einen Insolvenzantrag für „ihre“ Gesellschaft stellen (§ 15 Absatz 1 Satz 1 InsO). Zur Vertretung berechtigt sind bei Kapitalgesellschaften die Geschäftsführer (etwa nach § 35 GmbHG) und bei Personengesellschaften die vertraglich bestimmten Personen. Kommanditgesellschaften (KGs) werden stets und ausschließlich vom Komplementär vertreten (§ 164 Satz 1 Halbsatz 1 HGB). Ist eine juristische Person führungslos, etwa durch den Tod des Geschäftsführers, so sind auch die Gesellschafter antragsberechtigt.

Ausnahmen gelten für juristische Personen des öffentlichen Rechts, zum Beispiel Betriebe gewerblicher Art (BgA). Über deren Vermögen ist das Insolvenzverfahren stets unzulässig (§ 12 Absatz 1 InsO). Forderungen gegen diese Person, in erster Linie solche der Arbeitnehmer, sind dann gegen den Bund oder das jeweilige Land geltend zu machen (§ 12 Absatz 2 InsO).

Nach § 15 Absatz 2 Satz 1 InsO gilt eine grundsätzliche Pflicht zur gemeinsamen Antragstellung. Sind mehrere Geschäftsführer bestellt, so stellen sie auch den Insolvenzantrag zusammen. Hiervon gilt aber eine Ausnahme, wenn nur ein Vertretungsberechtigter den Antrag stellt und den Eröffnungsgrund glaubhaft darlegt.

Zu beachten ist bei Kapital- und Personengesellschaften aber stets § 15a InsO und die hier normierten Eröffnungspflichten. In der Regel schließt diese Vorschrift eine echte „Entscheidung“ für oder gegen den Insolvenzantrag aus.

2.3. Pflicht zur Stellung des Insolvenzantrags nach § 15a InsO

Die Vertreter einer juristischen Person, regelmäßig also die Geschäftsführer einer Kapitalgesellschaft, sind zur Stellung des Insolvenzantrages verpflichtet (§ 15a Absatz 1 Satz 1 InsO), wenn sie

  • eine Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft im Sinne des § 17 InsO oder
  • eine Überschuldung im Sinne von § 19 InsO

feststellen. Der Insolvenzantrag muss in diesen Fällen unverzüglich, also ohne schuldhaftes Zögern, beim zuständigen Insolvenzgericht eingereicht werden. Eng mit dieser Vorschrift verbunden ist auch § 1 Absatz 1 StaRUG und die den Geschäftsleitern haftungsbeschränkter Unternehmen obliegende Verpflichtung, fortlaufend über Entwicklungen, die den Fortbestand des Unternehmens gefährden, zu wachen. Hintergrund ist die schon vorzeitige Erkennung einer drohenden Insolvenz (§ 1 Absatz 2 StaRUG).

Was für Körperschaften gilt, gilt nach § 15a Absatz 1 Satz 2 InsO auch für Personengesellschaften, bei denen keine natürliche Person persönlich haftende Gesellschafterin ist. Klassischerweise fällt hierunter die GmbH & Co. KG. Gesellschaften bürgerlichen Rechts oder Offene Handelsgesellschaften, bei denen alle Gesellschafter als natürliche Personen mit ihrem gesamten Vermögen haften (§ 128 HGB), fallen entsprechend nicht unter die Antragspflicht.

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2.4. Die Insolvenzverschleppung nach § 15a Absatz 4 InsO

In § 15a Absatz 4 bis 6 der Insolvenzordnung finden wir den Tatbestand der Insolvenzverschleppung, die mit Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft wird. Maßgebend ist, dass eine Verpflichtung aus § 15a Absatz 1, 2 oder 3 InsO (Stellung des Insolvenzantrages) verletzt wird, also die Antragstellung unterbleibt, fehlerhaft ist oder zu spät erfolgt.

„Zu spät“ geht der Insolvenzantrag ein, wenn der Verpflichtete ihn nicht unverzüglich stellt. Ein solches schuldhaftes Zögern ist beispielsweise dann gegeben, wenn eine Überschuldung offensichtlich gegeben ist, der Geschäftsführer der GmbH aber darauf setzt, diese Situation eigenständig wieder zu entschärfen. „Schuldhaft“ ist das Zögern bereits kraft gesetzlicher Regelung aber in jedem Fall, wenn der Insolvenzantrag

  • mehr als drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder
  • mehr als sechs Wochen nach Eintritt der Überschuldung

gestellt wird (§ 15a Absatz 1 Satz 2 InsO). Bestraft wird der Täter, also die die Handlung ausführende oder unterlassende Person (§§ 13 und 25 Absatz 1 StGB). Sind mehrere Personen zur Geschäftsführung und Vertretung befugt und unterlassen sie gemeinsam die Antragstellung, werden sie als Mittäter bestraft (§ 25 Absatz 2 StGB).

„Schuldhaft“ ist ein Zögern allerdings nur bei Vorsatz und grober Fahrlässigkeit. Für die Fälle der einfachen Fahrlässigkeit enthält § 15a Absatz 5 InsO eine Erleichterung. Denn die fahrlässige Verletzung der Antragspflicht wird mit maximal einem Jahr Freiheits- oder alternativ mit Geldstrafe bestraft.

Neben der Insolvenzordnung finden wir auch im Strafgesetzbuch einige Insolvenzstraftaten, beispielsweise:

  • Bankrott nach § 283 StGB: Beiseiteschaffen oder Verheimlichen von Teilen der Insolvenzmasse, Verursachung erheblicher Verbindlichkeiten im Insolvenzverfahren, Unterlasen der Führung von Handelsbüchern
  • Besonders schwerer Fall des Bankrotts nach § 283a StGB: Insbesondere das Handeln im Sinne des § 283 StGB aus Gewinnsucht oder die Verursachung wirtschaftlicher Not bei anderen Personen
  • Gläubiger- und Schuldnerbegünstigung nach den §§ 283c und 283d StGB: Ungerechtfertigte Begünstigung einzelner Gläubiger oder des Schuldners

3. Prüfung des Insolvenzantrages durch das Insolvenzgericht

Dreh- und Angelpunkt des Insolvenzantrages ist der Eröffnungsgrund nach den §§ 16 fort folgende der Insolvenzordnung. Das Insolvenzgericht prüft das Vorliegen dieser Kernvoraussetzung und kann dabei auf alle Möglichkeiten der Zivilprozessordnung zurückgreifen. Es hat beispielsweise die Möglichkeit, Gutachter und Sachverständige zu beauftragen. Die zentralen Eröffnungsgründe des Insolvenzverfahrens sind:

  • Zahlungsunfähigkeit nach § 17 InsO: Sie liegt vor, wenn der Schuldner außerstande ist, fällige Zahlungspflichten zu erfüllen. Durch gesetzliche Fiktion ist von Zahlungsunfähigkeit auszugehen, wenn der Schuldner auch auf Aufforderung keine Zahlungen mehr leistet
  • Drohende Zahlungsunfähigkeit nach § 18 InsO: Von ihr ist auszugehen, wenn der Schuldner absehen kann, dass eine Erfüllung zukünftiger Zahlungsverpflichtungen auf Basis der aktuellen Finanzlage nicht möglich sein wird. Dabei hat er einen Prognosezeitraum von 24 Monaten zugrunde zu legen und auch alle zu erwartenden Zahlungseingänge zu berücksichtigen
  • Überschuldung nach § 19 InsO: Sie ist gegeben, wenn das vorhandene Vermögen die bestehenden Verbindlichkeiten unterschreitet. Verbindlichkeiten aus Gesellschafterdarlehen sind dabei außen vor zu lassen, wenn ein qualifizierter Rangrücktritt vereinbart wurde

Das Insolvenzgericht stellt abschließend fest, ob die Voraussetzungen vorliegen, und eröffnet das Insolvenzverfahren oder lehnt den Insolvenzantrag ab. Eine Abweisung kann dabei auch mangels Masse erfolgen (§ 26 Absatz 1 Satz 1 InsO). Diese Befugnis steht dem Gericht zu, wenn das Vermögen des Schuldners voraussichtlich zu niedrig ist, um auch nur die Kosten des Verfahrens selbst decken zu können. Eine solche Ablehnung ist in das Schuldnerverzeichnis aufzunehmen (§ 26 Absatz 2 InsO).

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