Kürzungen nach § 9 GewStG im Überblick
Die Gewerbesteuer respektive den Gewerbesteuer-Messbetrag berechnen Sie auf Grundlage des steuerlichen Gewinns nach § 15 EStG. Bei Kapitalgesellschaften ist das Einkommen im Sinne des § 7 Absatz 1 KStG maßgeblich. Um steuerliche Anreize zu schaffen und Nachteile auszugleichen, regelt § 9 GewStG dabei bestimmte Kürzungen des anzusetzenden Gewinns. Dadurch weichen einkommen- und gewerbesteuerlicher Ertrag mitunter voneinander ab. Wir zeigen, welche Kürzungen bedeutend sind und wie sich § 9 GewStG auf die zu zahlende Gewerbesteuer auswirkt!
Unser Video:
Kürzungen und ihre Besonderheiten
In diesem Video erklären wir, welche Kürzungen es in der Gewerbesteuer gibt und wie sie sich auf die Steuerlast auswirken.
Inhaltsverzeichnis
1. Grundlagen der Kürzungen im Gewerbesteuerrecht
Die in § 9 GewStG normierten Kürzungen führen zu einer Minderung der Bemessungsgrundlage für die Gewerbesteuer nach § 7 Satz 1 GewStG. Sie sind damit das Pendant zu den Hinzurechnungen nach § 8 GewStG, die den anzusetzenden Gewinn erhöhen. Der Gesetzgeber hat die verschiedenen Kürzungstatbestände in erster Linie
- zur Schaffung steuerlicher Anreize,
- zur Vermeidung einer möglichen Doppel- oder schlicht übermäßigen Besteuerung, und
- zugunsten einer Gleichbehandlung von Unternehmen, die Wirtschaftsgüter mieten, und solchen, die sie erwerben,
eingeführt. Außerdem werden mit den Kürzungen des § 9 GewStG bestimmte EU-Vorgaben, insbesondere die Mutter-Tochter-Richtlinie in Form des sogenannten Schachtelprivilegs bei Unternehmensbeteiligungen, umgesetzt.
2. Wichtige Kürzungen und ihre Tatbestandsvoraussetzungen
Werfen Sie einen Blick in § 9 GewStG, werden Sie feststellen, dass die Norm identisch zu § 8 desselben Gesetzes aufgebaut ist. Viele Vorschriften hängen dabei durch gegenseitige Verweise zusammen. Praktisch relevant – sei es für Examen, Prüfungen oder die Kanzleiarbeit – sind dabei vor allem die folgenden Kürzungen:
- 1,2 % des Grundbesitzes (Einheitswert) im Betriebsvermögen oder alternativ die vollständige Kürzung von Erträgen aus Grundbesitz (§ 9 Nummer 1 GewStG)
- Anteile am Gewinn einer Mitunternehmerschaft, namentlich insbesondere einer OHG oder KG (§ 9 Nummer 2 GewStG)
- Einmalige und laufende Gewinne aus Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, wenn die Beteiligungsquote mindestens 15 % beträgt (§ 9 Nummer 2a und 7 GewStG)
- Spenden und Mitgliedsbeiträge bis zur Höhe von 20 % des Gewerbegewinns im Sinne des § 7 GewStG (§ 9 Nummer 5 GewStG)
Werfen wir also einen Blick auf die einzelnen Tatbestände und die Voraussetzungen der schlussendlichen Kürzung des Gewerbeertrages. „Gewerbeertrag“ im Sinne des § 9 GewStG ist dabei der um Hinzurechnungen nach § 8 GewStG vermehrte, originäre Gewinn nach § 7 GewStG.
2.1. Reguläre und erweiterte Grundstückskürzung
Die Gewerbesteuer dient der Finanzierung der jeweiligen Kommune, in dem das gewerblich tätige Personenunternehmen oder die Kapitalgesellschaft ihre Betriebsstätte unterhält. Sie soll unter anderem Mehrbelastungen, etwa der Infrastruktur, ausgleichen. Dabei hat der Gesetzgeber aber auch erkannt, dass durch bestimmte unternehmerische Aktivitäten entweder
- kein „echter Gewerbebetrieb“ vorliegt, oder
- dass sogar eine überwiegend positive Wirkung ohne relevante Negativeffekte für die jeweilige Region ausgeht.
Durch § 9 Nummer 1 Satz 1 GewStG erfolgt daher eine Kürzung des anzusetzenden Gewerbegewinns um 1,2 % des Einheitswertes. Die Kürzung bezieht sich auf alle Grundstücke, die zum Betriebsvermögen gehören (§ 20 GewStDV und R 4.2 Absatz 1 EStR) sowie der inländischen Grundsteuer unterliegen. Auszugehen ist vom Einheitswert des letzten Feststellungszeitpunktes vor dem Ende des nach § 14 GewStG maßgeblichen Erhebungszeitraums. Dieser entspricht regelmäßig dem Kalenderjahr.
Auf Antrag profitieren gewerbesteuerpflichtige Unternehmen von der erweiterten Grundstückskürzung des § 9 Nummer 1 Satz 2 GewStG. Sie führt dazu, dass sämtliche Erträge – egal ob laufend oder einmalig – für Zwecke der Gewerbesteuer ausgeklammert werden. Antragsvoraussetzung ist, dass das jeweilige Unternehmen neben dem Grundbesitz ausschließlich Kapitalvermögen im Sinne des § 20 EStG verwaltet, und dass
- Einnahmen aus der mit der Vermietung verbundenen Lieferung von Strom an die Mieter maximal 10 % der Einnahmen aus Grundbesitz, sowie
- Einnahmen aus anderen Vertragsbeziehungen mit den Mietern maximal 5 % der Umsätze aus der Vermietung selbst ausmachen.
Besteht die Tätigkeit des Unternehmens in der Errichtung sowie dem Verkauf von Wohneigentum, müssen mindestens zwei Drittel der veräußerten Immobilien Wohnzwecken dienen (§ 9 Nummer 1 Satz 3 Buchstabe a GewStG). Kapitalgesellschaften, die ausschließlich Immobiliengeschäfte tätigen (zum Beispiel die Immobilien-GmbH), halbieren auf diese Weise ihre Steuerlast.
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2.2. Gewinnanteile einer Mitunternehmerschaft
Analog zu § 8 Nummer 8 GewStG, der zur Hinzurechnung von Verlustanteilen einer Mitunternehmerschaft führt, normiert § 9 Nummer 2 GewStG die entsprechende Kürzung. Voraussetzung ist auch hier, dass es sich bei der auszahlenden Gesellschaft um eine – in- oder ausländische – Personengesellschaft handelt. Das beteiligte, gewerbesteuerpflichtige Unternehmen muss die Stellung eines Mitunternehmers innehaben (§ 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 EStG).
Die Beteiligungsquote ist für die Anwendung des § 9 Nummer 2 GewStG unerheblich. Die Norm stellt die materiell-rechtliche Korrespondenz zur Hinzurechnungsnorm her. Damit unterliegen insgesamt weder Gewinne noch Verluste aus einer Beteiligung als Mitunternehmer der Gewerbesteuer.
2.3. Gewinne aus Anteilen an Kapitalgesellschaften
In § 9 Nummer 2a und 7 GewStG ist das sogenannte Schachtelprivileg normiert. Laufende und einmalige Gewinne aus Anteilen an Kapitalgesellschaften sind von der Besteuerung ausgenommen, wenn
- die Beteiligung am Nenn- oder Stammkapital bei mindestens 15 % (bis 2008 10 %) beträgt,
- diese Voraussetzung zu Beginn des Erhebungszeitraums vorliegt, und
- keine Hinzurechnung nach § 8 Nummer 5 GewStG zu erfolgen hat.
Die §§ 8 und 9 GewStG schließen sich insoweit gegenseitig aus. Denn § 8 Nummer 5 GewStG normiert, dass eine Hinzurechnung der steuerfreien Gewinnanteile (§§ 3 Nummer 40 EStG und 8b KStG) erfolgt, soweit die Voraussetzungen des § 9 Nummer 2a GewStG zu Beginn des Erhebungszeitraums nicht erfüllt sind.
Nach § 8b Absatz 5 Satz 1 KStG gelten 5 % der erhaltenen und steuerfrei gestellten Bezüge (§ 8b Absatz 1 KStG) als nicht abziehbare Betriebsausgaben. Insoweit erfolgt eine Hinzurechnung außerhalb der Gewinnermittlung. Die dadurch zu versteuernden 5 % der Erträge sind keine Bezüge im Sinne des GewStG, sodass sie der Gewerbesteuer unterliegen (§ 9 Nummer 2a Satz 4 GewStG).
Beispiel: Sie sind mit Ihrer Holding-GmbH (A) zu 100 % an der operativen GmbH (B) beteiligt. B schüttet EUR 100.000 an A aus. Nach § 8b Absatz 1 Satz 1 KStG sind diese Erträge auf Ebene der Holding zu kürzen, 5 % aber außerhalb der Bilanz hinzuzurechnen. Der Körperschaftsteuer unterliegen EUR 5.000. Selbiges gilt für die Gewerbesteuer, da die fiktiv nicht abziehbaren Betriebsausgaben in Höhe von EUR 5.000 keine Erträge nach § 9 Nummer 2a GewStG darstellen.
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2.4. Kürzung von Spenden und Mitgliedsbeiträgen
Spenden und Mitgliedsbeiträge zur Förderung steuerbegünstigter Zwecke (§§ 52 bis 54 AO) sind nach Maßgabe des § 8 Nummer 9 GewStG in voller Höhe hinzuzurechnen. Für gewerbesteuerliche Zwecke sind diese Aufwendungen wie nicht abziehbare Betriebsausgaben zu behandeln.
Nach § 9 Nummer 5 GewStG ist der so entstehende Betrag (Gewinn nach § 7 GewStG plus Spenden nach § 8 Nummer 9 GewStG) wieder um Spenden und Mitgliedsbeiträge zu kürzen. Die Kürzung beträgt dabei maximal
- 20 % des um Hinzurechnungen nach § 8 Nummer 9 GewStG erhöhten Gewinns oder
- 4 ‰ der Summe aus Umsätzen sowie Löhnen und Gehältern im jeweiligen Wirtschaftsjahr.
Nach § 9 Nummer 5 Satz 2 GewStG ist außerdem Voraussetzung für den Abzug, dass die entsprechenden Zuwendungen an eine juristische Person des öffentlichen Rechts in der EU geleistet wurden. Alternativ erfolgt die Zuwendung an eine nach § 5 Absatz 1 Nummer 9 KStG steuerbefreite Körperschaft.
3. Umsetzung der Kürzungen nach § 9 des Gewerbesteuergesetzes
Ähnlich wie Hinzurechnungen nach § 8 GewStG, sind auch die Kürzungen des § 9 GewStG Teil einer eigenständigen Ermittlung der Bemessungsgrundlage. Letztere ermittelt das Finanzamt nach § 7 Satz 1 GewStG auf Grundlage der eingereichten Gewerbesteuererklärung. Dabei ist die gesetzlich vorgegebene Reihenfolge einzuhalten. Zunächst erfolgen also alle Hinzurechnungen, bevor die entsprechenden Kürzungen zum Ansatz kommen.
Ausnahmen gelten nur in „Entweder-oder-Fällen“ wie bei Gewinnen aus Anteilen an Kapitalgesellschaften. Der von der Finanzverwaltung erstellte Messbescheid ist im weiteren Verlauf Grundlagenbescheid nach § 171 Absatz 10 Satz 1 AO und für den Gewerbesteuerbescheid der Kommune bindend (§ 182 Absatz 1 AO).
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