BFH-Urteil zur PKW-Vermietung

So ist die aktuelle Rechtslage!

PKW-Vermietung zwischen Ehegatten: BFH schafft Klarheit

Der Erwerb eines PKWs durch den Unternehmer hat Vor-, aber auch Nachteile. Letztere bestehen vor allem in der Besteuerung der Privatnutzung sowie eines späteren Verkaufsgewinns. Mit einer PKW-Vermietung zwischen Ehegatten lassen sich gleich mehrere Kontra-Aspekte eliminieren, bislang bestand vor dem Hintergrund des § 42 AO (Gestaltungsmissbrauch) allerdings Uneinigkeit über die Zulässigkeit eines solchen Modells. Der Bundesfinanzhof hat diverse Rechtsfragen nun mit Urteil vom 29.09.2022, V R 29/20, veröffentlicht am 19.01.2023, geklärt.

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Inhaltsverzeichnis

1. Ausgangsfall: PKW-Vermietung zwischen zwei Ehegatten

Dem vom BFH entschiedenen Fall lag der folgende Sachverhalt zugrunde: Die im Streitjahr nicht berufstätige Ehefrau beschaffte einen gebrauchten Oberklasse-PKW für brutto EUR 77.233,81. Im Kaufpreis des vom Händler erworbenen Wagens waren EUR 12.438,90 Umsatzsteuer (19 %) enthalten. Die Gesamtsumme wurde in voller Höhe von der – von ihrem als Arzt tätigen Ehemann finanziell unabhängigen – Ehefrau überwiesen.

Bereits bei Anschaffung war eine PKW-Vermietung zwischen den Ehegatten durch Abschluss eines entsprechenden Leasingvertrages beabsichtigt. Die Ehefrau meldete daher einen Gewerbebetrieb an und verzichtete – zugunsten des Vorsteuerabzugs – auf die Kleinunternehmerregelung im Sinne des § 19 Absatz 1 UStG.

Sodann schlossen die Ehegatten einen Leasingvertrag über den PKW ab. Hierbei wurde eine nach Auffassung des BFH unstrittig marktübliche Leasingrate von netto EUR 815,19 vereinbart; der Ehemann verpflichtete sich,

  • den Wagen in einem Alter und Laufleistung entsprechenden Zustand zu halten,
  • alle notwendigen Reparaturarbeiten und Inspektionen durchführen zu lassen und
  • das Fahrzeug angemessen (vollkasko-) zu versichern.

Im Versicherungsschein der Kfz-Versicherung war die Ehefrau als weitere Fahrerin eingetragen. Der Leasingvertrag wurde entsprechend aller Vereinbarungen durchgeführt. Die Kosten für alle anfallenden Wartungsarbeiten hat die Ehefrau, die den Wagen zumindest gelegentlich mitnutzte, getragen.

Für das Streitjahr gab die Ehefrau wie vorgeschrieben eine Umsatzsteuererklärung ab. Sie machte hierin den Vorsteuerabzug für den Erwerb des Fahrzeuges geltend. Außerdem erklärte sie, soweit auf dieses Jahr entfallend, die Umsätze aus der PKW-Vermietung an ihren Ehemann.

Das Finanzamt erließ den ohne Abweichung von der Erklärung ergangenen Bescheid unter Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 AO) und vorläufig (§ 165 Absatz 1 Satz 1 AO). Zur Begründung führte es an, dass erst nach Ablauf der fünfjährigen Bindungsfrist des § 19 Absatz 2 Satz 2 UStG und des ebenfalls fünf Jahre dauernden Berichtigungszeitraums des § 15a Absatz 1 Satz 1 UStG festgestellt werden könne, ob eine missbräuchliche Gestaltung im Sinne des § 42 AO vorliegt.

2. Einspruchsverfahren und Entscheidung der ersten Instanz

Die Ehefrau legte gegen die vorläufige Festsetzung einen zulässigen und begründeten Einspruch ein. Gegenstand des Einspruchsverfahrens war die Aufhebung der Vorläufigkeit, die einen eigenständigen Verwaltungsakt im Sinne des § 118 Satz 1 AO darstellt. Das Finanzamt gab diesem Begehren statt, erkannte im geänderten Bescheid aber weder den Vorsteuerabzug aus der Anschaffung des PKW noch die erklärten Ausgangsumsätze aus der PKW-Vermietung selbst an.

Gegen die Einspruchsentscheidung erhob die Ehefrau Klage vor dem Finanzgericht. Dieses half dem Begehren in vollem Umfang ab, weil

  • die Klägerin als Unternehmerin im Sinne des § 2 Absatz 1 UStG tätig wurde,
  • der Erwerb des Fahrzeugs für unternehmerische und damit zum Vorsteuerabzug berechtigende Zwecke (§ 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 UStG) erfolgte und
  • weder ein Scheingeschäft noch eine missbräuchliche Gestaltung anzunehmen sei.

Auch die private Nutzung des Wagens durch die Ehefrau sah das Finanzgericht als unproblematisch an, da im Leasingvertrag ausschließlich der Ehemann genannt wurde. Der PKW stünde dadurch zumindest während der vereinbarten Vertragslaufzeit ausschließlich zur Disposition des Ehegatten.

Gegen das erstinstanzliche Urteil erhob das Finanzamt Revision. Zur Begründung führte es die folgenden, vom BFH zu klärenden, Punkte an:

  • Es liege keine Unternehmereigenschaft vor. Die Ehefrau bietet ihre Leistungen lediglich dem Ehemann, nicht aber am allgemeinen Markt an
  • Es fehle an einem Leistungsaustausch, weil die Anschaffung des PKW lediglich als Beitrag zur ehelichen Lebensgemeinschaft anzusehen sei
  • Ein Scheingeschäft sei bereits durch die Tatsache offensichtlich, dass der Ehemann zwar als Leasingnehmer genannt wird, die Ehefrau den PKW aber ebenfalls nutzt
  • Die PKW-Vermietung stelle insgesamt einen Gestaltungsmissbrauch im Sinne des § 42 AO dar. Es gebe keine gewichtigen außersteuerlichen Interessen, die ein entsprechendes Modell zwischen Ehegatten rechtfertigen

Sodann musste sich der BFH erneut mit dem sogenannten Ehegatten-Vorschaltmodell beschäftigen; entsprechende Urteile existieren bislang in erster Linie zur Vermietung von Immobilien zwischen Familienangehörigen (etwa BFH vom 14.01.1992, IX R 33/89).

3. Abschließende BFH-Entscheidung zur PKW-Vermietung zwischen Ehegatten

Der BFH nahm im genannten Urteil insbesondere zu den folgenden, vom Finanzamt und den Ehegatten vorgetragenen, Aspekten Stellung:

  • Vorliegen einer unternehmerischen Tätigkeit im Sinne des § 2 Absatz 1 UStG
  • Erfüllung der Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug nach § 15 UStG
  • Vorliegen eines Scheingeschäfts im Sinne des § 41 AO
  • Beitrag zur ehelichen Lebensgemeinschaft durch Gestellung des PKW
  • Gestaltungsmissbrauch, Anwendbarkeit des § 42 AO

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3.1. Unternehmerische Tätigkeit und Vorsteuerabzug der Ehefrau

Die Ehefrau erfüllt mit der Anschaffung und anschließenden PKW-Vermietung alle Voraussetzungen einer unternehmerischen Tätigkeit im Sinne des § 2 Absatz 1 UStG. Einnahmeerzielungsabsicht liegt – unabhängig von der ertragsteuerlichen Beurteilung (Gewinnerzielungsabsicht) – vor. Die unternehmerische Tätigkeit ist auch als wirtschaftlich im Sinne des Artikel 9 Absatz 1 MwSystRL anzusehen, weil sie nachhaltig (auf Dauer angelegt) und gegen Entgelt ausgeübt wird.

Das Unternehmen der Ehefrau umfasst nach § 2 Absatz 1 Satz 2 UStG die gesamte (Vermietungs-) Tätigkeit. Da der zu vermietende PKW für den Zweck dieses Unternehmens beschafft wurde, ja sogar die wesentliche Grundlage der Tätigkeit darstellt, ist ein Vorsteuerabzug möglich.

Ebenfalls unschädlich ist der „eingeschränkte Kundenkreis“ der Ehefrau, also die ausschließliche Vermietung an den Ehemann. Denn auch der Gesellschafter einer GmbH kann ein Fahrzeug lediglich an „seine“ Gesellschaft vermieten und gilt hierdurch als Unternehmer (Verweis auf BFH-Urteil vom 16.03.1993, XI R 45/90).

Im Ergebnis bejaht der BFH – analog zur Vorentscheidung des FG – sowohl die unternehmerische Tätigkeit als auch den vollen Vorsteuerabzug.

3.2. Vorliegen eines Scheingeschäfts und ehelicher Gemeinschaftsbeitrag  

Scheingeschäfte sind Rechtsgeschäfte, die die Vertragspartner nur zum Schein abschließen, ohne aber die damit einhergehenden Rechtswirkungen tatsächlich herbeirufen zu wollen (§ 41 Absatz 2 Satz 1 AO in Verbindung mit § 117 BGB). Im Falle des vorliegenden Leasingvertrags wäre ein solches Scheingeschäft anzunehmen, wenn die Vereinbarung etwa für Zwecke eines Betriebsausgaben- und Vorsteuerabzugs geschlossen worden wäre, ohne aber den Ehemann tatsächlich zur alleinigen Nutzung des PKW zu berechtigten.

Ein Scheingeschäft, das nach § 41 Absatz 1 AO für steuerliche Zwecke keine Gültigkeit hätte, hat der BFH hier verneint. Der Leasingvertrag wurde entsprechend der vereinbarten Hauptpflichten auch tatsächlich durchgeführt. Die Tatsache, dass die Ehefrau insgesamt vier Rechnungen über durchgeführte Service- und Reparaturarbeiten selbst übernommen hat, reichen für sich nicht aus, um insgesamt von einem Scheingeschäft auszugehen.

Das Argument, der zur Verfügung gestellte PKW wäre ein reiner Beitrag zur ehelichen Lebensgemeinschaft, geht nach Auffassung des BFH ebenfalls ins Leere. Denn der Leasingvertrag zeichnet sich gerade durch seinen eigenen schuldrechtlichen Charakter, der auf eine „Heraushebung“ aus der ehelichen Gemeinschaft hindeutet, aus. In einer Ehe übliche Beiträge werden hingegen – so unter anderem durch Beschluss des Großen Senats des BFH vom 23.08.1999, GrS 1/97 festgestellt – rein freiwillig und insbesondere ohne vertragliche Vereinbarung geleistet.

Auch hier konnte der Bundesfinanzhof im Ergebnis keinen Ausschlussgrund annehmen. Mangels Beitrag zur ehelichen Lebensgemeinschaft ist die PKW-Vermietung keine Tätigkeit im Sinne des § 12 Nummer 1 EStG, für die der Vorsteuerabzug nach § 15 Absatz 1a UStG ausgeschlossen wäre.

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3.3. Gestaltungsmissbrauch durch PKW-Vermietung innerhalb der Ehe

Die Anwendung des § 42 AO setzt voraus, dass Steuerpflichtige rechtliche Gestaltungsmöglichkeiten auf unangemessene Art und Weise ausnutzen, um hierdurch einen Steuervorteil zu erlangen. Dabei stellt der Gesetzgeber im Wesentlichen auf seine eigene Intention beim Erlass von Steuergesetzen ab. Außerdem spielt eine erhebliche Rolle, ob es für die gewählte Gestaltung auch andere als steuerliche, aber durchaus gewichtige, Gründe gibt (§ 42 Absatz 2 Satz 2 AO).

Das reine Motiv, Steuern zu sparen, führt zu keiner Unangemessenheit im Sinne des § 42 AO. Vielmehr liegt eine solche erst dann vor, wenn der Steuerpflichtige einen „Weg zum Ziel“ wählt, der vom Gesetzgeber bei Verabschiedung der entsprechenden Norm nicht gewollt war (BFH vom 29.05.2008, I X 77/06).

Im vorliegenden Fall hat der BFH einen Gestaltungsmissbrauch insbesondere aus folgenden Gründen verneint:

  • Die Ehefrau, die die PKW-Vermietung durchführt, ist von ihrem Ehegatten wirtschaftlich unabhängig
  • Der vermietete PKW dient vor allem dem unternehmerischen Bedarf des Ehemanns. Dafür spricht, dass die Familie insgesamt über mehrere Fahrzeuge verfügt
  • Der in § 42 Absatz 2 Satz 2 AO geforderte, außersteuerliche, Grund besteht in der Sicherung der Liquidität des Ehemanns, der den PKW nicht aus seinem eigenen (Betrieb-) Vermögen erwerben muss

4. Fazit: PKW-Vermietung unter bestimmten Voraussetzungen unproblematisch

Im Ergebnis hat der BFH bei der vorliegenden PKW-Vermietung eine überwiegend klassische unternehmerische Leistungsbeziehung zwischen der Ehefrau als Vermieterin und dem Ehemann als Mieter angenommen. Maßgeblich hierfür war der rechtlich bindend abgeschlossene Leasingvertrag und die wirtschaftliche Unabhängigkeit der Ehegattin. Letztere ermöglichte ihr unter anderem auch den Erwerb des Fahrzeugs für EUR 77.233,81.

Der Bundesfinanzhof hat damit gleichzeitig diverse Abgrenzungsproblematiken gelöst und zusätzlich zur privaten (Mit-) Nutzung des Wagens durch die Ehefrau Stellung genommen. Diese ist als unentgeltliche Wertabgabe nach § 3 Absatz 9a Satz 1 Nummer 1 UStG in ihrem Unternehmen zu versteuern. Er hat außerdem klargestellt, dass die unternehmerische Mindestnutzung von 10 % (§ 15 Absatz 1 Satz 2 UStG) im vorliegenden Fall als überschritten anzunehmen sei, da die Ehefrau über ein eigenes Fahrzeug verfügte.

5. Exkurs: Steuerfreiheit beim Verkauf des PKW

Läge der PKW im Betriebsvermögen des Arztes, müsste dieser den den Buchwert übersteigenden Teil des Erlöses bei einem Verkauf versteuern. Hinzu käme, dass der Ehemann durch die Steuerfreiheit seiner Tätigkeit (§ 4 Nummer 14 Buchstabe a UStG) keinen Vorsteuerabzug aus dem Erwerb geltend machen kann (§ 15 Absatz 2 Nummer 1 UStG).

Befindet sich der PKW aber im ertragsteuerlichen Privatvermögen der Ehefrau, ist eine Veräußerung jederzeit steuerfrei möglich. Denn ein Fahrzeug gehört, auch wenn es zur Erzielung von Einkünften (hier: PKW-Vermietung) genutzt wurde, zu den Gegenständen des täglichen Bedarfs im Sinne des § 23 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 Satz 2 EStG (Lindberg in Frotscher/Geurts, § 23 EStG, Randziffer 52e).

Umsatzsteuerlich nutzt die Ehefrau bei Anschaffung die Optionsmöglichkeit des § 19 Absatz 2 Satz 1 UStG, sie verzichtet also auf die Anwendung der Kleinunternehmerregelung. Nach fünf Jahren nimmt sie sie entsprechend § 19 Absatz 1 UStG wieder in Anspruch. Dies eröffnet der Unternehmerin die Möglichkeit einer umsatzsteuerfreien Veräußerung des PKW. Eine Berichtigung des Vorsteuerabzugs scheidet nach § 15a Absatz 1 Satz 1 UStG ebenfalls nach fünf Jahren aus.

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