Sanierungserträge

Wann sind sie steuerfrei?

Steuerfreie Sanierungserträge: Voraussetzungen des § 3a EStG

Mit § 3a EStG stellt das deutsche Einkommensteuerrecht sogenannte Sanierungserträge steuerfrei. Gewinne und sonstige Betriebsvermögensmehrungen, die während einer Sanierung des Geschäftsbetriebes entstehen, unterliegen damit nicht der allgemeinen Besteuerung (etwa nach § 4 EStG). Zu beachten ist aber, dass der Gesetzgeber an den Begriff der „Sanierungserträge“ bestimmte Anforderungen stellt. Sie sind in § 3a Absatz 2 EStG abschließend normiert.

Die Steuerbefreiung für Sanierungserträge gilt neben Einzelunternehmen und Personengesellschaften auch für Körperschaften wie die GmbH.

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Inhaltsverzeichnis


1. Grundsätzliches zu Sanierungserträgen im Einkommensteuerrecht

Egal ob Einzelunternehmer, Personen- oder Kapitalgesellschaft: Krisen gehören gewissermaßen zum Unternehmertum dazu. Nicht selten kommt es infolge einer wirtschaftlichen Schieflage auch zur Insolvenz des gesamten Unternehmens, weil Überschuldung im Sinne der §§ 18 und 19 InsO eingetreten ist. Unternehmer sind in diesen Fällen zur Insolvenzanmeldung verpflichtet, da ansonsten eine Insolvenzverschleppung (§ 15a Absatz 4 InsO) vorliegen kann. Sie wird mit bis zu drei Jahren Freiheits- oder mit Geldstrafe bestraft.

Eine Überschuldung liegt immer dann vor, wenn die Verbindlichkeiten (Schulden) die Aktivwerte (das Vermögen) des jeweiligen Unternehmens übersteigen. In diesem Fall geht der Gesetzgeber – abgesehen von bestimmten Ausnahmen wie dem Gesellschafterdarlehen – von einem nicht mehr tragfähigen Unternehmenskonzept aus. Mit der Insolvenzanmeldung kann der Unternehmer Schlimmeres, insbesondere also weitere Zahlungsausfälle, verhindern.

An diese Grundsätze knüpft die Steuerfreiheit von Sanierungserträgen nach § 3a EStG an. Denn ein Schuldenerlass führt grundsätzlich zu steuerpflichtigen Gewinnen, weil das Unternehmenskapital durch den Wegfall von Verbindlichkeiten steigt. Ist dieser Erlass aber als Sanierungsmaßnahme zu qualifizieren, tritt keine entsprechende Gewinnauswirkung ein. Die Sanierungserträge sind dann steuerfrei.

2. Die unternehmensbezogene Sanierung nach § 3a Absatz 2 EStG

Grundlage für die Steuerfreiheit von Sanierungserträgen ist eine unternehmensbezogene Sanierung im Sinne des § 3a Absatz 2 EStG. „Unternehmensbezogen“ bedeutet dabei, dass sich die Sanierungsmaßnahme auf das Unternehmen, in dessen Bilanz die Schulden wegfallen, beziehen muss. Erträge aus der Sanierung eines anderen Unternehmens, etwa des Unternehmens B durch Unternehmen A, sind von der Begünstigung ausgenommen.

Um in den Genuss der Begünstigung nach § 3a Absatz 1 EStG zu kommen, müssen drei Voraussetzungen vorliegen:

  • Das zu sanierende Unternehmen muss tatsächlich sanierungsbedürftig, also in wirtschaftlicher Schieflage, sein
  • Es muss Sanierungsfähigkeit vorliegen, die Sanierung muss also Aussicht auf Erfolg bieten
  • Es bedarf einer Sanierungseignung und der Sanierungswilligkeit der Gläubiger

„Sanierungserträge“ im Sinne des § 3a Absatz 1 EStG sind grundsätzlich alle Betriebseinnahmen und sonstigen Vermögensmehrungen. Wahlrechte sind nach § 3a Absatz 1 Satz 2 EStG zugunsten eines möglichst niedrigen Gewinns auszuüben – dies gilt zum Beispiel für den Ansatz des niedrigeren Teilwertes nach § 6 Absatz 1 Nummer 2 EStG.

Schauen wir uns die einzelnen Punkte also einmal im Detail an!

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2.1. Sanierungserträge im Sinne der Norm

Sanierungserträge im Sinne des § 3a Absatz 1 EStG sind grundsätzlich alle denkbaren Ertrags- und Vermögensmehrungen, die aus einem betrieblichen Schuldenerlass stammen. Der „Schuldenerlass“ muss mit dem Wissen sowie dem Willen einer Sanierung des Geschäftsbetriebes erfolgen. Gläubiger müssen die Verbindlichkeit also erlassen, um damit den Geschäftsbetrieb des Schuldners gezielt zu sanieren.

Ist die Sanierung nur „Nebeneffekt“, liegen keine Sanierungserträge vor. In diesen Fällen handelt es sich um eine klassische, steuerpflichtige Gewinnmehrung. Darüber hinaus kann nur dann eine Gewinnmehrung eintreten, wenn die Verbindlichkeit bislang passiviert wurde, wegen ihres Wegfalls in Zukunft aber keine Passivierung mehr erforderlich ist. In allen anderen Fällen fehlt es an einem Bedürfnis für die Steuerfreistellung nach § 3a EStG, weil ohnehin kein steuerbarer Vorgang vorliegt.

Ein Rangrücktritt, etwa ein solcher im Sinne des § 19 Absatz 2 Satz 2 InsO (Gesellschafterdarlehen) ist kein „Schuldenerlass“ im Sinne des § 3a EStG. Denn hier wird lediglich die Rangfolge der Verbindlichkeiten geändert, ohne dass die Schuld tatsächlich wegfällt. Sie besteht vielmehr an anderer Stelle weiter.

2.2. Sanierungsbedürftigkeit wegen wirtschaftlicher Schieflage

Eine Sanierungsbedürftigkeit liegt immer dann vor, wenn das jeweilige Unternehmen ohne die Sanierung nicht fortgeführt werden kann. Dies erfordert eine Prüfung der Finanz- und Ertragslage, gegebenenfalls auch in Zusammenhang mit einem bereits laufenden Insolvenzverfahren (BFH vom 14.03.1990, I R 64/85). Die drohende Zahlungsunfähigkeit (§ 18 InsO) ist ein Indiz für die Sanierungsbedürftigkeit des Betriebes.

Bei Einzelunternehmerinnen und Einzelunternehmern wird auch das Privatvermögen in die Prüfung der Sanierungsbedürftigkeit einbezogen. Ist hier „nichts zu holen“, sind Sanierungserträge auf betrieblicher Ebene – wie auch bei Personen- und Kapitalgesellschaften – ebenfalls nach § 3a EStG steuerbefreit.

2.3. Die Sanierungsfähigkeit und Sanierungseignung des Betriebes

Unter diese Begriffe fällt die grundsätzliche Möglichkeit, das Unternehmen durch einen Schuldenerlass zu sanieren. Der Gesetzgeber meint hier also eine hinreichende Aussicht auf Erfolg, die der Erlass der jeweiligen Verbindlichkeit bieten muss. Ist beispielsweise schon vor Realisierung der Sanierungserträge klar, dass sich der Betrieb auch weiterhin kaum am Markt halten wird, fehlt es an einer Sanierungsfähigkeit.

Der Gesetzgeber fordert bei der Prüfung der Sanierungsfähigkeit allerdings keine ausschließliche Einbeziehung des Schuldenerlasses. Vielmehr werden alle denkbaren Maßnahmen, auch der Einsatz von Privatmitteln der Gesellschafter, zusammen berücksichtigt. Sie müssen also gemeinsam eine Erfolgschance bieten; der Schuldenerlass ist nur ein möglicher Bestandteil größerer Gesamtmaßnahmen.

2.4. Sanierungswilligkeit der Gläubiger

Die ihre Forderungen erlassenden Gläubiger müssen gewillt sein, durch den Erlass eine Sanierung des Unternehmens zu bewirken. An diese Voraussetzung sind keine hohen Anforderungen zu stellen. Sie gilt als gegeben, wenn der Gläubiger eine Forderung erlässt und gleichzeitig Sanierungsbedürftigkeit und Sanierungsfähigkeit vorliegen.

3. Abgrenzung von Sanierungserträgen zu sonstigen Geschäftsvorfällen

Sanierungserträge im Sinne des § 3a Absatz 1 EStG liegen nur vor, wenn sie ihren Ursprung in einem betrieblichen Ereignis haben. Hiermit schließt der Gesetzgeber privat veranlasste Sanierungsmaßnahmen von vornherein aus, begünstigt hieraus resultierende Gewinne also nicht durch eine Steuerbefreiung.

Bei Kapitalgesellschaften steht die gesellschaftsrechtliche Veranlassung eines Schuldenerlasses im Mittelpunkt. Erlässt ein Gesellschafter „seiner“ GmbH also eine offene Verbindlichkeit, kann einerseits ein Sanierungsertrag, andererseits aber eine verdeckte Einlage vorliegen. Welcher Tatbestand einschlägig ist, bemisst sich nach dem Grundsatz der Fremdüblichkeit. Relevant ist also, ob ein fremder Dritter seine Forderung ebenfalls erlassen hätte.

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4. Minderung von Sanierungserträgen in bestimmten Fällen

Entstehende Sanierungserträge aus einem Schuldenerlass sind grundsätzlich in voller Höhe anzusetzen. Erlässt ein Gläubiger also eine Verbindlichkeit in Höhe von beispielsweise EUR 200.000, greift in diesem Umfang auch die Steuerbefreiung des § 3a Absatz 1 EStG. Zu beachten sind aber die sogenannten Minderungsvorschriften des Absatzes 3 Satz 2, denn der Sanierungsertrag und damit der Umfang des steuerfreien Gewinns wird in bestimmten Fällen gemindert.

Dabei stellt der Gesetzgeber in erster Linie auf § 3c Absatz 4 Satz 1 EStG ab. Nach dieser Norm sind Betriebsausgaben, die in unmittelbarem Zusammenhang mit steuerfreien Sanierungserträgen stehen, nicht abziehbar. Dies gilt allerdings nur für solche Einnahmen und Ausgaben, die im Jahr vor dem Sanierungsjahr sowie im Sanierungsjahr selbst anzusetzen wären.

Der (geminderte) Sanierungsertrag im Sinne des § 3a Absatz 3 Satz 1 EStG wird nach Satz 2 in dieser Reihenfolge und um folgende Beträge (weiter-)gemindert:

  • Aufwand aus Verpflichtungsübertragungen im Sinne des § 4f EStG, soweit er dem Unternehmer zuzurechnen ist
  • Ausgleichsfähige sowie verrechenbare Verluste nach § 15 Absatz 4, § 15a und/oder § 15b EStG
  • Verluste des Sanierungsjahres des zu sanierenden Unternehmens
  • Nach § 10d Absatz 4 EStG gesondert festgestellte Verlustvorträge zum Ende des Vorjahres der Sanierung
  • Verrechenbare Verluste und sonstige negative Einkünfte, insbesondere nach den §§ 2a, 2b und 23 Absatz 3 Satz 7 und 8 EStG 
  • Zins- und EBITDA-Vorträge im Sinne des § 4h EStG (Zinsschranke)

Übersteigt der geminderte Sanierungsertrag die Summe dieser Minderungsbeträge, mindern sich über die Auswirkungen beim Steuerpflichtigen selbst auch die Verlustvorträge und negativen Einkünfte einer ihm nahestehenden Person (§ 3a Absatz 3 Satz 3).

5. Gesonderte Feststellung von Sanierungserträgen

Sanierungserträge sowie Minderungsbeträge sind gesondert festzustellen. Dies gilt allerdings nur, wenn

  • für die betrieblichen Einkünfte selbst eine gesonderte Feststellung nach § 180 AO erfolgt, weil Betriebs- und Wohnsitzfinanzamt auseinanderfallen, oder
  • Verlustvorträge und verrechenbare Verluste bereits festgestellt wurden und/oder sich diese Beträge durch Eintritt des Sanierungsfalls ändern; für diese Fälle enthält § 3a Absatz 4 Satz 3 EStG eine eigenständige Änderungsnorm.

Den Sanierungserträgen stehen Erträge aus einer insolvenzrechtlichen Restschuldbefreiung gleich (§ 3a Absatz 5 EStG). Sie sind also ebenfalls steuerfrei, wobei auch hier die Minderungsvorschriften des Absatzes 3 zu beachten sind. In der Folge ist hier nur der verbleibende Sanierungsertrag von der Ertragsbesteuerung ausgenommen.


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