Unternehmer im Sinne des Umsatzsteuergesetzes
Lieferungen und sonstige Leistungen unterliegen nur dann der Umsatzsteuer, wenn sie von einem Unternehmer erbracht werden. Auch beim innergemeinschaftlichen Erwerb nach § 1a UStG stellt der Gesetzgeber auf diese Voraussetzung ab. Werfen wir daher einen Blick in die §§ 2, 2a sowie 19 UStG und schauen uns einmal die Tatbestandsmerkmale der Unternehmereigenschaft im Umsatzsteuerrecht an!
Unser Video:
Unternehmer nach § 2 UStG
In diesem Video zeigen wir die Grundzüge der Unternehmereigenschaft und einige Besonderheiten selbiger auf.
Inhaltsverzeichnis
1. Grundlagen der Einordnung als Unternehmer nach § 2 UStG
Die Umsatzsteuer gehört zu den indirekten Steuern und belastet stets den (privaten) Endverbraucher respektive die Person, die keinen Vorsteuerabzug nach § 15 UStG geltend machen kann. Der Gesetzgeber besteuert dabei sämtliche Leistungen, aufgeteilt in Lieferungen (§ 3 Absatz 1 UStG) und sonstige Leistungen (§ 3 Absatz 9 UStG). Steuerbar sind dabei nur Leistungen, die von einem umsatzsteuerlichen Unternehmer erbracht werden (§ 1 Absatz 1 Nummer 1 UStG).
Dabei ist der Unternehmerbegriff sehr weit gefasst. Hierdurch stellt der Gesetzgeber sicher, dass alle Wirtschaftsakteure gleiche oder zumindest ähnliche steuerliche Verpflichtungen zu tragen haben. Der Hintergrund wird an folgendem Beispiel deutlich:
Die Stadt Köln vermietet Parkplätze in unmittelbarer Nähe eines in Privateigentum stehenden Parkhauses. Beide Grundbesitzer haben ähnliche Anschaffungs- und laufende Kosten zu tragen. Wäre die Stadt nun kein umsatzsteuerlicher Unternehmer, der private Parkhausbetreiber aber schon, hätte die Kommune einen erheblichen Steuervorteil. Denn sie müsste keine 19 % auf die Parkgebühren aufschlagen.
Mit § 2 Absatz 1 Satz 1 und 3 UStG gilt daher ein weit auszulegender Unternehmerbegriff. Demnach ist für Zwecke der Umsatzsteuer als Unternehmer zu behandeln, wer
- eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit
- selbstständig und nachhaltig ausübt,
- selbst wenn keine Absicht, Gewinne zu erzielen, besteht.
Das Unternehmen umfasst die gesamte berufliche Tätigkeit des Unternehmers (§ 2 Absatz 2 Satz 2 UStG). Aufgrund dieser Norm müssen Einzelunternehmer mit mehreren Betrieben im Sinne der §§ 13, 15 oder 18 EStG nur eine Umsatzsteuererklärung für alle Tätigkeiten gemeinsam abgeben.
Einen Sonderfall stellt § 2b UStG dar. Demnach liegt beim Handeln juristischen Personen des öffentlichen Rechts (Bund, Länder, Kommunen) grundsätzlich keine unternehmerische Tätigkeit vor. Diese Einrichtungen gelten allerdings mit allen steuerlichen Folgen als Unternehmer, wenn sie Leistungen erbringen, die auch auf privatrechtlicher Grundlage erbracht werden könnten (§ 2b Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 Nummer 2 UStG).
1.1. Gewerbliche oder berufliche Tätigkeit
Unter den Begriff der beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit fallen dem Grunde nach alle wirtschaftlichen Betätigungen einer natürlichen oder juristischen Person (Abschnitt 2.1 Absatz 1 Satz 1 UStAE). Er geht über die ertragsteuerlichen Definitionen – etwa nach § 15 Absatz 2 EStG – hinaus, sodass die Unternehmerstellung nach § 2 UStG stets eigenständig zu prüfen und zu bejahen oder zu verneinen ist (unter anderem BFH-Urteil vom 05.09.1963, V 117/60).
So kann beispielsweise nach § 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 EStG eine Mitunternehmerstellung durch die Beteiligung an einer Personengesellschaft vorliegen, während das reine Halten der Gesellschaftsbeteiligung keine Einordnung als Unternehmer im Sinne des § 2 UStG begründet (Abschnitt 2.3 Absatz 2 Satz 1 bis 3 UStAE). In diesem Fall ist vielmehr die Personengesellschaft selbst Unternehmer.
Praktisch relevant ist zusätzlich die Abgrenzung zu nichtunternehmerischen Tätigkeiten, die sich wiederum in „nichtwirtschaftliche“ und „unternehmensfremde“ Aktivitäten unterteilen lassen:
- Nichtwirtschaftlich sind Tätigkeiten, mit denen kein originär unternehmerischer Zweck verfolgt wird. Zu ihnen gehören beispielsweise der bloßes Erwerb und die Veräußerung gesellschaftsrechtlicher Beteiligungen und der dauerhafte Leerstand einer Immobilie ohne Einnahmeerzielungsabsicht (Abschnitt 2.3 Absatz 1a Satz 4 UStAE)
- Unternehmensfremd sind Aktivitäten, die offensichtlich der privaten Sphäre der Person zuzuordnen sind. Dies trifft insbesondere auf Entnahmen zu (Abschnitt 2.3 Absatz 1a Satz 3 UStAE)
Bei Holdingstrukturen übt die Holding regelmäßig keine unternehmerische Tätigkeit aus, sofern sie die Beteiligung an der Tochtergesellschaft lediglich hält und verwaltet. Greift sie hingegen aktiv in deren laufendes Tagesgeschäft ein, geht der EuGH auch bei der Holding von einem eigenständigen umsatzsteuerlichen Unternehmer aus (Abschnitt 2.3 Absatz 3 Satz 1 und 2 UStAE; EuGH vom 06.02.1997, C-80/95 im Fall Harnas & Helm).
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1.2. Selbstständige und nachhaltige Ausübung der Tätigkeit
Von einer selbstständigen Tätigkeit ist immer dann auszugehen, wenn der Unternehmer sie auf eigene Rechnung und Verantwortung ausübt (Abschnitt 2.2 Absatz 1 Satz 1 UStAE). Die Beurteilung richtet sich nach dem Innenverhältnis zum Auftraggeber. Maßgeblich ist also stets die tatsächliche Beziehung zwischen Leistungserbringer und Leistungsempfänger, unabhängig vom äußeren Erscheinungsbild.
Darüber hinaus gilt, dass die Frage der Selbstständigkeit über EStG, GewStG und UStG nach denselben Grundsätzen zu beantworten ist. Geht die Finanzverwaltung also von einer gewerblichen Tätigkeit im Sinne des § 15 Absatz 2 EStG aus, liegt auch umsatzsteuerlich eine selbstständige Betätigung vor (Abschnitt 2.2 Absatz 2 Satz 1 UStAE).
Nach § 2 Absatz 2 UStG sind
- weisungsgebundene Arbeitnehmer und
- Organgesellschaften
keine selbstständigen Unternehmer. Auch wenn Personengesellschaften einkommensteuerlich keine eigenen Rechtsträger sind, gelten sie für Zwecke der Umsatzsteuer stets als selbstständig.
Das Merkmal der Nachhaltigkeit ist erfüllt, wenn die gewerbliche oder berufliche Tätigkeit auf Dauer und zur Erzielung von Entgelten angelegt ist. Der BFH hat mit Urteil vom 18.07.1991, V R 86/87, einige Kriterien für die Beurteilung aufgestellt:
- Die Tätigkeit erstreckt sich über mehrere Jahre
- Es findet ein planmäßiges, geordnetes oder koordiniertes Handeln statt
- Der Unternehmer beteiligt sich am Markt und tritt wie ein Kaufmann nach außen auf
- Die Tätigkeit erreicht eine gewisse Intensität
Einmalige Umsätze begründen damit noch keine Nachhaltigkeit. Die häufige Sorge, der Verkauf des eigenen Einfamilienhauses oder Fahrzeugs könnte eine unternehmerische Tätigkeit auslösen, ist unbegründet.
Der BFH muss sich außerdem immer wieder mit der „eBay-Problematik“ beschäftigen. Nach der einschlägigen Rechtssprechung (unter anderem Urteil vom 29.06.1987, X R 23/82) kommt es insbesondere auf das „hobbymäßige Verhalten“ des Sammlers/Verkäufers an. Eine Einordnung als Unternehmer ist entsprechend zu verneinen, soweit er
- lediglich Einzelstücke veräußert,
- umschichtet oder
- die Sammlung als Ganzes verkauft.
2. Sonderfall: Der Unternehmer nach § 2a UStG
Analog zu § 1b UStG, dem innergemeinschaftlichen Erwerb neuer Fahrzeuge, greift mit § 2a UStG eine Sondernorm für den entsprechenden Verkauf. Personen, die keine Unternehmer im Sinne des § 2 UStG sind oder den Umsatz außerhalb ihres Unternehmens (§ 2 Absatz 1 Satz 2 UStG) ausführen, werden nach § 2a Satz 1 UStG wie ein Unternehmer behandelt, soweit sie
- im Inland
- ein neues Fahrzeug liefern und
- dieses dabei in das übrige Gemeinschaftsgebiet gelangt.
Der Begriff des „neuen Fahrzeugs“ bestimmt sich nach § 1b Absatz 2 UStG. Demnach sind Landfahrzeuge neu, wenn sie eine Laufleistung von maximal 6.000 Kilometern aufweisen oder vor weniger als sechs Monaten zugelassen wurden.
Die besondere Unternehmereigenschaft gilt dabei nur für den einzelnen Umsatz und erlischt anschließend wieder. Der Unternehmer nach § 2a UStG erbringt eine nach § 4 Nummer 1 Buchstabe b und § 6a UStG steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung, wenn das neue Fahrzeug
- an einen umsatzsteuerlichen Unternehmer im EU-Ausland,
- der es für sein Unternehmen erwirbt und
- bei Grenzübertritt einen innergemeinschaftlichen Erwerb (analog zu § 1a UStG) versteuert,
geliefert wird. Sind alle Voraussetzungen gegeben, können Fahrzeuglieferer für das gelieferte Fahrzeug partiell Vorsteuer beanspruchen (§ 15 Absatz 4a Nummer 1 UStG).
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3. Kleinunternehmerregelung des § 19 UStG
Ein Unternehmer im Sinne des § 2 Absatz 1 UStG kann zur sogenannten Kleinunternehmerregelung optieren. Voraussetzung ist, dass der Umsatz (§ 1 Absatz 1 Nummer 1 UStG) im laufenden Kalenderjahr unter EUR 22.000 und im folgenden Kalenderjahr voraussichtlich unter EUR 50.000 liegt (§ 19 Absatz 1 Satz 1 UStG). Gemeint ist hier der Nettoumsatz zuzüglich der darauf entfallenden Steuer (§ 19 Absatz 1 Satz 2 UStG). Steuerfreie Umsätze bleiben außer Ansatz (§ 19 Absatz 3 Satz 1 UStG).
Die Anwendung der Kleinunternehmerregelung sorgt dafür, dass die folgenden Vorschriften für den Unternehmer ohne Bedeutung sind:
- § 4 Nummer 1 Buchstabe b: Die Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferung ist nicht anzuwenden
- § 9 UStG: Mangels Steuererhebung scheidet eine Option zur Steuerpflicht, etwa bei Vermietungsumsätzen, aus
- § 14 Absatz 4 UStG: Kleinunternehmer müssen keinen Steuerausweis auf ihren Rechnungen beachten; notwendig ist aber der Hinweis auf die Anwendung des § 19 UStG
- § 15 UStG: Unternehmer im Sinne des § 19 UStG können für Eingangsleistungen keinen Vorsteuerabzug geltend machen
Der Unternehmer kann auf die Anwendung des Kleinunternehmerregelung verzichten (§ 19 Absatz 2 Satz 1 UStG). Diese Erklärung ist für fünf Jahre bindend (Satz 2).
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