Zerlegung der Gewerbesteuer: Wann ist sie notwendig?
Nach § 1 GewStG steht die Gewerbesteuer der jeweiligen Gemeinde, in der die Ausübung des Betriebes erfolgt, zu. Besonderheiten ergeben sich in der Folge, wenn ein gewerblich tätiges Unternehmen Betriebsstätten in mehreren Kommunen hat. Eine Besteuerung in nur einer Gemeinde würde zu einer Ungleichbehandlung der anderen Kommune führen, weshalb hier eine Zerlegung der Gewerbesteuer (respektive des Messbetrages) nach §§ 28 bis 35 GewStG durchzuführen ist. Wir zeigen, wie Sie dabei vorgehen!
Unser Video:
Zerlegung der Gewerbesteuer
In diesem Video erklären wir, in welchen Fällen eine Zerlegung der Gewerbesteuer notwendig ist und wie Sie sie durchführen.
Inhaltsverzeichnis
1. Rechtsgrundlage: Zerlegung der Gewerbesteuer nach dem GewStG
Gewerbebetriebe unterhalten in vielen Fällen mehrere Betriebsstätten. Nach § 12 Satz 2 AO sind dies beispielsweise Produktionsanlagen, Warenlager, Verkaufsstellen und Verwaltungsstandorte. Liegen die einzelnen Betriebsstätten dabei in mehreren Gemeinden, führen Sie nach § 28 Absatz 1 Satz 1 GewStG eine Zerlegung der Gewerbesteuer durch.
Hierzu erfolgt stets eine separate Betrachtung der jeweiligen Erhebungszeiträume, also der Kalenderjahre, in denen die Betriebsstätte bestand (§ 14 Satz 2 GewStG). Verlagert ein Unternehmen seine Betriebsstätte von der einen in die andere Kommune oder eröffnet es eine neue, ist die Zerlegung der Gewerbesteuer gegebenenfalls zeitanteilig durchzuführen (§ 28 Absatz 1 Satz 2 GewStG).
Die Zerlegung der Gewerbesteuer erfolgt in der Weise, dass der insgesamt festzusetzende Messbetrag nach § 11 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 GewStG auf die einzelnen Kommunen aufgeteilt wird. Zuständig hierfür ist das Betriebsstätten- oder Wohnsitzfinanzamt (§§ 19 bis 21 AO).
2. Praktische Durchführung der Gewerbesteuerzerlegung
Die jeweiligen, auf die einzelnen Kommunen entfallenden, Anteile des Gewerbesteuer-Messbetrages (Zerlegungsanteile) ermittelt das Finanzamt auf Grundlage eines Zerlegungsmaßstabs. Nach § 29 Absatz 1 Nummer 1 GewStG sind dies die an den jeweiligen Standorten gezahlten Arbeitslöhne. Diese setzen Sie ins Verhältnis zur Gesamtsumme der Löhne sowie Gehälter. Im Ergebnis erhalten Sie den prozentualen Anteil des Gewerbesteuer-Messbetrages.
Bei der Zerlegung der Gewerbesteuer gelten entsprechend der §§ 29 bis 31 GewStG folgende Grundsätze:
- Maßgeblich sind die im Erhebungszeitraum gezahlten Löhne (§ 29 Absatz 2 GewStG)
- Bei Betriebsstätten, die sich über mehrere Gemeinden erstrecken, erfolgt die Zerlegung der Gewerbesteuer anhand der örtlichen Verhältnisse. Maßgeblich ist dabei insbesondere die durch die Betriebsstätte genutzte Fläche (§ 30 GewStG)
- Bestimmte Lohnarten und -bestandteile sind nach § 31 Absatz 2 bis 5 GewStG bei der Berechnung der Gesamtlohnsumme auszunehmen
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2.1. Im Erhebungszeitraum gezahlte Arbeitslöhne
Um das Verhältnis der einzelnen Lohnsummen zur Gesamtlohnsumme zu ermitteln, rechnen Sie im ersten Schritt alle Vergütungen im Sinne des § 19 Absatz 1 Nummer 1 EStG zusammen. Anschließend ermitteln Sie für die Zerlegung der Gewerbesteuer die jeweiligen Anteile an der Gesamtsumme, soweit diese auf die einzelnen Betriebsstätten des Gewerbebetriebs entfallen. Dabei gehen Sie
- nach den jeweiligen Auszahlungszeitpunkten des Arbeitslohnes (§ 29 Absatz 2 GewStG) vor und
- runden die einzelnen Löhne auf volle EUR 1.000 ab.
Nach § 3 EStG oder anderen Vorschriften steuerfrei bleibende Arbeitslöhne sind dabei für Zwecke der Gewerbesteuerzerlegung nicht zu berücksichtigen (§ 31 Absatz 1 Satz 1 Halbsatz 2 GewStG). Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit gelten hingegen immer als Arbeitslohn, auch wenn sie nach § 3b EStG steuerfrei sind (§ 31 Absatz 1 Satz 2 GewStG).
2.2. Von der Zerlegung der Gewerbesteuer ausgenommene Arbeitslöhne
Nach § 31 GewStG haben gewisse Arbeitslöhne keinen Einfluss auf das maßgebliche Prozentverhältnis nach § 29 Absatz 1 Nummer 1 GewStG. Sie bleiben bei der Berechnung der Lohnsummen entsprechend außer Ansatz und dürfen das Verhältnis weder nach unten noch nach oben beeinflussen. Diese „besonderen Lohnbestandteile“ sind:
- Löhne für Auszubildende, dual Studierende und andere Personen, die zur Berufsausbildung beschäftigt sind (§ 31 Absatz 2 GewStG)
- Tantiemen und Gratifikationen, wenn deren Berechnung nach dem Gewinn erfolgt (§ 31 Absatz 3 Satz 1 GewStG). Sonstige Vergütungen scheiden ebenfalls aus, soweit sie einmalig (unregelmäßig) gezahlt werden und beim einzelnen Arbeitnehmer EUR 50.000 übersteigen (Satz 2)
- Unternehmerlöhne bei Personenunternehmen. Sie sind mit EUR 25.000 als Arbeitslohn zu berücksichtigen, unabhängig vom tatsächlich gezahlten Lohn. Sind mehrere Mitunternehmer im Betrieb tätig, gelten die EUR 25.000 als Gesamtvergütung – gegebenenfalls ist daher eine Aufteilung erforderlich (§ 31 Absatz 5 GewStG)
Die Zerlegung der Gewerbesteuer gestaltet sich bei Mitunternehmerschaften durch die Regelung des § 31 Absatz 5 GewStG mitunter komplex. Arbeiten beispielsweise drei Mitunternehmer an vier Betriebsstätten, nehmen Sie zunächst eine Aufteilung von EUR 25.000 auf drei Personen vor. Anschließend rechnen Sie – ausgehend von einer gleichmäßigen Verteilung der Arbeitskraft – den so ermittelten Betrag wieder den einzelnen Betriebsstätten zu.
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3. Praxisbeispiel zur Zerlegung der Gewerbesteuer
Schauen wir uns abschließend die Zerlegung der Gewerbesteuer an einem praktischen Beispiel an. Hierzu betrachten wir ein gewerbliches Einzelunternehmen, das im Jahr 2023 insgesamt EUR 200.000 an Arbeitslöhnen auszahlt. Es existierten drei Betriebstätten, eine in Köln, eine zweite in Bonn sowie eine dritte in Frankfurt am Main. In Köln arbeiten zwei, in Bonn drei und in Frankfurt ein Arbeitnehmer.
Wir unterstellen hierzu, dass alle Beschäftigten ein identisches Bruttogehalt im Sinne des § 19 EStG beziehen. Allerdings hat der in Frankfurt beschäftigte Mitarbeiter einen gewinnabhängigen Bonus in Höhe von EUR 10.000 bezogen.
Teilen wir im ersten Schritt die Lohnsumme von EUR 200.000 (EUR 200.000 Grundgehalt, der Gewinnbonus von EUR 10.000 ist nach § 31 Absatz 4 Satz 1 GewStG außer Acht zu lassen) durch die Gesamtzahl der Arbeitnehmer, hier sechs. Je Mitarbeiter ergibt sich damit ein Zerlegungsanteil von 16,67 %.
Nach §§ 28 Absatz 1 Satz 1 und 29 Absatz 1 Nummer 1 GewStG entfallen damit
- auf Köln 33,33 %,
- auf Bonn 50 % und
- auf Frankfurt am Main 16,67 %
des Gewerbesteuer-Messbetrages. Bei einem Gewerbegewinn von EUR 200.000 und einer Messzahl von einheitlich 3,5 % (§ 11 Absatz 3 GewStG) ergibt sich ein entsprechend zu zerlegender Messbetrag von EUR 7.000.
Die jeweiligen Kommunen erhalten (anteilige) Messbescheide; das Einzelunternehmen selbst einen solchen, der die einzelnen Zerlegungsanteile ausweist. Auf Grundlage dieser Bescheide setzen die Städte die Gewerbesteuer mit ihren individuellen Hebesätzen (§ 16 GewStG) fest. Damit ist die Zerlegung der Gewerbesteuer abgeschlossen.
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