Gewerbliche Veräußerungsgewinne – Besteuerung nach dem EStG
Zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb gehören nach dem Einkommensteuergesetz (EStG) neben laufenden auch einmalige Erträge (gewerbliche Veräußerungsgewinne). Während die laufenden Gewinne in § 15 EStG geregelt sind, finden Sie die Veräußerungen in den §§ 16 und 17 EStG. An einigen Stellen gibt es zusätzliche Verknüpfungen im Außensteuergesetz (AStG), über die wir Ihnen einen Überblick geben!
Unser Video: Gewerbliche Veräußerungsgewinne
Im zweiten Teil des Videos gehen wir auf die steuerliche Behandlung der verschiedenen Veräußerungsgewinne nach dem EStG ein.
Inhaltsverzeichnis
1. Grundlagen: Welche gewerblichen Veräußerungsgewinne gibt es?
„Veräußerungsgewinn ist nicht gleich Veräußerungsgewinn“ – dieses Motto können Sie sich bereits an dieser Stelle merken. Denn der Gesetzgeber unterscheidet im EStG zwischen mehreren Gewinnarten, die aber alle zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb gehören. Diese sind:
- Betriebsveräußerung und Betriebsaufgabe (§ 16 EStG)
- Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften (§ 17 EStG)
- Unechte Veräußerungsgewinne (§ 15)
Unter dem Begriff der „unechten“ Veräußerungsgewinne fassen wir solche Erträge zusammen, die zwar aus einer Veräußerung resultieren, dabei aber nicht unter § 16 oder § 17 EStG fallen. Sie gelten stattdessen jeweils als laufender Gewinn. Relevant ist dies etwa beim Verkauf eines Teils eines Mitunternehmeranteils, da nur der Verkauf des gesamten Anteils unter § 16 EStG fällt.
2. Betriebsveräußerung und Betriebsaufgabe (§ 16 EStG)
Gewinne, die Sie mit dem Verkauf oder der Aufgabe eines Gewerbebetriebs erzielen, gehören als Veräußerungsgewinne zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb. Die Aufgabe ist dabei einem Verkauf gleichgestellt, was durch die Besteuerung der stillen Reserven (vielleicht auch erst auf den zweiten Blick) sinnvoll erscheint.
Von § 16 EStG sind diese Tatbestände umfasst:
- Verkauf des gesamten Betriebs oder eines Teilbetriebs. Ein Teilbetrieb ist ein selbstständiger Teil eines ganzen Unternehmens, etwa in Form einer Abteilung
- Verkauf eines ganzen Mitunternehmeranteils, wenn der Gesellschafter Mitunternehmer der Personengesellschaft war
- Entnahme oder Verkauf der 100%igen Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft aus dem Betriebsvermögen heraus (der Anteil gilt als Teilbetrieb)
Den Veräußerungsgewinn berechnen Sie, indem Sie den Wert des Betriebsvermögens und die Veräußerungskosten vom Verkaufspreis abziehen. Bestimmte Steuerpflichtige erhalten außerdem einen Freibetrag.
2.1 Wert des Betriebsvermögens beim Aufgabe- oder Verkaufsgewinn
Der Wert des Betriebsvermögens ergibt sich aus einer Bilanz, die Sie zum Verkaufsstichtag aufstellen müssen. Denn der Gesetzgeber erlaubt bei der Berechnung des Veräußerungsgewinns nach § 16 EStG lediglich die bilanzielle Ermittlung des Gesamtwertes aller Wirtschaftsgüter.
Wurde der Gewinn bisher via Einnahmen-Überschuss-Rechnung (EÜR) ermittelt, ist ein Wechsel der Gewinnermittlungsart auf den Stichtag erforderlich.
2.2 Veräußerungspreis
Der Veräußerungspreis entspricht dem Betrag, den Sie als Gegenleistung für die Übergabe des Betriebs erhalten. Da in der Regel eine Betriebsveräußerung im Ganzen vorliegt, fällt keine Umsatzsteuer an. Dadurch gilt „netto gleich brutto“.
Sofern keine echte Veräußerung, sondern lediglich eine ihr gleichgestellte Entnahme vorliegt, ist der gemeine Wert maßgeblich.
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2.3 Freibetrag nach § 16 Absatz 4 EStG
Der Veräußerungsgewinn wird um einen Freibetrag von EUR 45.000 gekürzt, wenn der Steuerpflichtige
- entweder dauerhaft berufsunfähig ist oder
- das 55. Lebensjahr vollendet hat.
Doch damit ist es noch nicht getan. Denn § 16 Absatz 4 EStG beinhaltet zusätzlich eine Regelung zur Abschmelzung des Freibetrags. Er vermindert sich um den Teil des Veräußerungsgewinns, der die Grenze von EUR 136.000 übersteigt.
Beispiel: Sie ermitteln einen Veräußerungsgewinn von EUR 150.000. Die Grenze von EUR 136.000 ist um EUR 14.000 überschritten. Vom Freibetrag erhalten Sie daher nur EUR 31.000 (EUR 45.000 minus EUR 14.000).
Unter denselben Voraussetzungen können betroffene Steuerpflichtige die Ermäßigungen nach § 34 Absatz 3 EStG in Anspruch nehmen. Der Veräußerungsgewinn wird dabei nur mit 56 Prozent der üblicherweise anfallenden Einkommensteuer besteuert. Steuerpflichtige, die die Voraussetzungen des § 16 Absatz 4 EStG nicht erfüllen, profitieren hingegen von der sogenannten Fünftel-Regelung.
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3. Veräußerungsgewinne bei Anteilen an Kapitalgesellschaften (§ 17 EStG)
Auf den ersten Blick etwas verwunderlich, aber im Kern konsequent ist die Vorschrift des § 17 EStG. Sie unterwirft Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften ebenfalls den Einkünften aus Gewerbebetrieb. Hintergrund ist, dass der Gesetzgeber hier von einer „unternehmer-ähnlichen“ Beteiligung ausgeht, bei der nicht mehr nur die reine Kapitalanlage (§ 20 EStG) im Mittelpunkt steht.
Damit Veräußerungsgewinne unter § 17 EStG fallen, müssen folgende Voraussetzungen vorliegen:
- Anteile an einer in- oder ausländischen Kapitalgesellschaft (AG, UG, GmbH, Limited etc.) werden verkauft oder verdeckt in eine Kapitalgesellschaft eingelegt
- Der Verkäufer war innerhalb der letzten fünf Jahre für mindestens eine „juristische Sekunde“ zu wenigstens 1 % am Stammkapital beteiligt
Den Veräußerungsgewinn berechnen Sie durch Abzug der Anschaffungs- und der Veräußerungskosten vom Verkaufspreis. Beim Verkauf einer selbst gegründeten GmbH gilt die Stammeinlage als Anschaffungskosten. Verdeckte Einlagen, die bis zum Verkauf in die jeweilige Gesellschaft getätigt wurden, erhöhen die Anschaffungskosten und mindern damit den Gewinn.
Der Freibetrag nach § 17 Absatz 3 EStG beträgt EUR 9.060, wobei Sie ihn mit dem Prozentsatz der Beteiligung multiplizieren. Erreicht der Veräußerungsgewinn einen Betrag von EUR 36.100 (ebenfalls anteilig), mindert der darüberliegende Teil den Freibetrag wieder (sogenannte Abschmelzung).
Als Veräußerung im Sinne des § 17 EStG gilt auch die Übertragung eines solchen GmbH-Anteils (Beteiligung mindestens 1 %) auf eine Person, die ihren Wohnsitz oder den gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland hat, bei der also keine unbeschränkte Einkommensteuerpflicht gegeben ist (§ 6 Absatz 1 Nummer 2 AStG). Außerdem greift hier die Wegzugsteuer, wenn der Steuerpflichtige selbst ins Ausland verzieht (§ 6 Absatz 1 Nummer 1 AStG). Sofern ein Tatbestand des AStG greift, sind die Veräußerungsgewinne nach der selben Formel wie im Fall des normalen Verkaufs zu ermitteln.
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