Kapitalertragsteuer: Wann fällt sie an?
Die Kapitalertragsteuer ist eine besondere Erhebungsform der Einkommensteuer. Sie wird – daher auch die „Besonderheit“ – mit einem eigenen, einheitlichen und „flachen“ Steuersatz ermittelt. Gleichzeitig ist Kapitalertragsteuer nur auf die namensgebenden Kapitalerträge zu zahlen. Von allen genannten Grundsätzen gibt es verschiedene Ausnahmen, die wir uns einmal etwas genauer anschauen möchten!
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Inhaltsverzeichnis
1. Grundsatz: Was ist die Kapitalertragsteuer?
Grundsätzlich handelt es sich bei der Kapitalertragsteuer – ähnlich zur Lohnsteuer – um eine Form der Einkommensteuer. Dies wird unter anderem daran deutlich, dass sie im Einkommensteuergesetz (EStG) abschließend geregelt ist. Ihre Erhebung erfolgt an der Quelle, also bei Auszahlung der jeweiligen Kapitalerträge, und stellt eine unter § 12 Nummer 3 EStG fallende Steuer vom Einkommen dar. Bei einer späteren Veranlagung werden die Kapitalerträge daher brutto berücksichtigt.
Als eigenstände Erhebungsform der ESt unterliegt die Kapitalertragsteuer bestimmten Regelungen. Besonderheiten gelten insbesondere im Hinblick auf
- die Höhe der Steuer,
- die betroffenen Kapitalerträge,
- die Art der Einbehaltung und Abführung sowie
- eine eventuelle Anrechnung oder Erstattung im Rahmen der Jahresfestsetzung.
Mit wenigen Ausnahmen ist immer die auszahlende Stelle für die Berechnung und Einbehaltung der Kapitalertragsteuer verantwortlich. Dem Steuerpflichtigen fließen die Erträge daher netto, das heißt nach bereits einbehaltener Steuer, zu. Ein dem Grunde oder der Höhe nach falscher respektive unterbliebener Steuerabzug ist im Rahmen der Jahresfestsetzung nachzuholen.
1.1. Höhe der Kapitalertragsteuer
Die Kapitalertragsteuer beträgt stets 25 % des Brutto-Kapitalertrages (§ 32d Absatz 1 Satz 1 EStG). Hinzu kommen Solidaritätszuschlag (5,5 % der Einkommensteuer) und gegebenenfalls Kirchensteuer, wenn der Steuerpflichtige Angehöriger einer Steuern erhebenden Glaubens- oder Religionsgemeinschaft ist. Kapitalertragsteuer und „Soli“ betragen zusammen 26,375 %, die Formel lautet: „Abzug vom Kapitalertrag = Kapitalertrag brutto * (25 % + (25 % * 5,5 %)).
Beispiel: Der Steuerpflichtige, Privatanleger, hat eine Dividende in Höhe von EUR 1.000 von einer deutschen Aktiengesellschaft (AG) erhalten. Die AG ist verpflichtet, Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag in gesetzlicher Höhe einzubehalten. Sie zieht zunächst 25 % von EUR 1.000 (EUR 250) ab. Anschließend berechnet sie 5,5 % von EUR 250, was einem weiteren Abzug von EUR 13,75 entspricht.
Für bestimmte Fälle gelten allerdings Ausnahmen. So ist § 32d Absatz 2 EStG – und damit ein Ausschluss des 25%igen Steuersatzes – anzuwenden, wenn
- die Kapitalanlage, etwa die Aktie, Teil eines Betriebsvermögens ist und damit unter § 20 Absatz 8 EStG fällt.
- Schuldner und Gläubiger einander nahestehende Personen sind, wobei hier Ausnahmen bei finanzieller Unabhängigkeit des Schuldners gelten.
- die Beteiligung an der Kapitalgesellschaft mindestens 25 % beträgt oder, wenn sie geringer ist, der Steuerpflichtige bei einer Beteiligung von mindestens 1 % eine beherrschende Stellung in der Kapitalgesellschaft innehat. Diese Norm gilt nur, wenn ein entsprechender Antrag des Steuerpflichtigen vorliegt.
Soweit § 32d Absatz 1 EStG anzuwenden ist, stellen die 26,375 % den Höchststeuersatz für Kapitalerträge dar. Die Steuer kann aber niedriger ausfallen, wenn eine Günstigerprüfung nach § 32d Absatz 6 EStG ergibt, dass die Anwendung der allgemeinen Tarifvorschriften (§ 32a EStG) im Einzelfall günstiger wäre.
Beispiel: A verkauft Aktien für EUR 1.000, die Bank behält EUR 263,75 ein. Der persönliche Steuersatz des A liegt bei 10 %. Die Günstigerprüfung fällt positiv aus, die Kapitalerträge sind nur mit 10 % zu besteuern.
1.2. Welche Kapitalerträge fallen unter den besonderen Steuersatz?
Das Einkommensteuergesetz enthält in § 20 eine grundsätzlich abschließende Aufzählung aller unter die „Einkünfte aus Kapitalvermögen“ fallenden Erträge. Über § 32d Absatz 1 Satz 1 EStG gilt § 20 EStG mit Ausnahme des Absatzes 8 entsprechend, sodass grundsätzlich sämtliche Kapitalerträge auch dem gesonderten Steuersatz unterliegen. Ausnahmen gelten, gegebenenfalls durch entsprechenden Antrag, nach § 32d Absatz 2 EStG.
Einem tatsächlichen Abzug, der sogenannten Quellenbesteuerung, unterliegen aber nur die in § 43 Absatz 1 Satz 1 EStG – ebenfalls abschließend – aufgeführten Kapitalerträge:
- Dividenden und Gewinnausschüttungen (einschließlich verdeckter Gewinnausschüttungen) im Sinne des § 20 Absatz 1 Nummer 1 EStG
- Liquidationserlöse nach § 20 Absatz 1 Nummer 2 EStG
- Investmenterträge nach § 16 InvStG, insbesondere Ausschüttungen aus Investmentfonds und Vorabpauschalen, soweit sie nach § 20 InvStG der Besteuerung unterliegen (§ 20 Absatz 1 Nummer 3 EStG)
- Einkünfte aus der stillen Beteiligung an einem Handelsgewerbe im Sinne des § 20 Absatz 1 Nummer 4 EStG
- Gewinne aus der Auflösung einer Lebens- oder Rentenversicherung (Rückkauf oder Erlebensfall), wobei gegebenenfalls 50 % dieser Erträge steuerfrei sind (§ 20 Absatz 1 Nummer 6 EStG)
- Zinsen im Sinne des § 20 Absatz 1 Nummer 7 EStG
- Erträge nach § 20 Absatz 1 Nummern 9 bis 11 EStG
Entsprechendes gilt für Veräußerungsgewinne nach § 20 Absatz 2 EStG und für Leistungen, die anstelle eines steuerpflichtigen Kapitalertrages gewährt werden (§ 43 Absatz 1 Satz 2 EStG).
Die auszahlende Stelle behält die 25%ige Kapitalertragsteuer unmittelbar vom jeweiligen Bruttoertrag ein und führt sie an das zuständige Finanzamt ab. Alle weiteren steuerlichen Folgen werden dann im Veranlagungsverfahren, also durch Abgabe der Einkommensteuererklärung, gezogen. Für Kapitalerträge gilt das allgemeine Zuflussprinzip des § 11 Absatz 1 EStG.
Einzige Ausnahme: Beherrschende Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft verwirklichen den Zufluss bereits mit der Fassung des Beschlusses über die Ausschüttung (H 20.2, Stichwort „Zuflusszeitpunkt bei Gewinnausschüttungen“ EStH).
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1.3. Einbehaltung und Abführung der Kapitalertragsteuer
Bei der Kapitalertragsteuer handelt es sich um eine sogenannte Quellensteuer. Sie ist daher an der jeweiligen Quelle einzubehalten und abzuführen. Nur in Ausnahmefällen ist der Empfänge der Kapitalerträge, also der Steuerpflichtige selbst, zur Entrichtung der Steuer verpflichtet. Im Übrigen richtet sich die Abführung der Steuer nach § 44 EStG. Zuständig für Berechnung und Überweisung der Kapitalertragsteuer an das zuständige Finanzamt ist
- das inländische Kredit- oder Finanzdienstleistungsinstitut,
- die inländische Kapitalgesellschaft oder die Betriebsstätte und im Übrigen
- der Gläubiger der Kapitalerträge.
Die Steuer entsteht im nach § 11 EStG zu bestimmten Zuflusszeitpunkt (§ 44 Absatz 1 Satz 2 EStG).
Vom Grundsatz des § 44 EStG gibt es verschiedene, in § 44a EStG (Abstandnahme vom Steuerabzug) geregelte Ausnahmen. Sie greifen, wenn
- ein Freistellungsauftrag vorliegt (§ 44a Absatz 1, 2 und 3 EStG),
- die ausschüttende oder auszahlende Körperschaft von der Körperschaftsteuer befreit ist (§ 44a Absatz 4 EStG), und
- eine Dauerüberzahlung vorliegen würde (etwa durch § 8b KStG, wenn der Empfänger der Kapitalerträge eine Körperschaft ist), sofern ein entsprechender Antrag vorliegt (§ 44a Absatz 5 EStG).
Unter den Voraussetzungen des § 44b EStG kann einbehaltene Kapitalertragsteuer vom Finanzamt wieder ausgezahlt (erstattet) werden. Die Norm greift unter anderem bei überhöhtem Abzug, bei teilweise oder vollständig steuerfreien Investmenterträgen und in Fällen, in denen eine Gesamthand (zum Beispiel GbR) die Wertpapiere hält.
2. Anrechnung und Erstattung im Rahmen der Jahresfestsetzung
Nach § 43 Absatz 5 EStG bewirkt der Abzug der Kapitalertragsteuer an der Quelle eine sogenannte Abgeltung. Die jeweiligen Einkünfte aus Kapitalvermögen wurden bereits entsprechend besteuert, sodass sie nicht in der Einkommensteuererklärung anzugeben sind. Auch löst die Abgeltung keine Abgabepflicht aus.
Ausnahmen gelten aber nach § 32d Absatz 3 EStG. Wurden steuerpflichtige Kapitalerträge bislang keinem Steuerabzug unterworfen, so sind diese in der Einkommensteuererklärung des entsprechenden Kalenderjahres anzugeben. Das Finanzamt setzt die Steuer dann entsprechend § 32d Absatz 1 EStG fest und führt – auf Antrag – die Günstigerprüfung durch.
Im Rahmen der Jahresfestsetzung kann es zu folgenden Situationen kommen:
- Der Steuerpflichtige erhält die gezahlte Kapitalertragsteuer ganz oder teilweise zurück, etwa wegen einer positiven Günstigerprüfung oder durch § 20 Absatz 8 EStG
- Der Steuerpflichtige muss Kapitalertragsteuer nachzahlen, weil der Steuerabzug nicht oder in zu niedrigem Umfang vorgenommen wurde
- Die Kapitalerträge wurden bereits zutreffend besteuert. Es kommt weder zu einer Erstattung noch zu einer Nachzahlung
Der Steuerabzug ist auch vorzunehmen, wenn die Kapitalerträge zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb, Land- und Forstwirtschaft oder selbstständiger Arbeit gehören (§ 43 Absatz 4 EStG). In diesen Fällen findet § 32d Absatz 1 Satz 1 EStG allerdings keine Anwendung. Vielmehr unterliegen die Erträge dem regulären Steuersatz, sind aber gegebenenfalls nach § 3 Nummer 40 EStG (Teileinkünfteverfahren) anteilig steuerfrei. Erstattet wird oder nachzuzahlen ist dann die entsprechende Differenz zwischen der bereits gezahlten und der tatsächlich entstehenden Einkommensteuer.
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