Steuererhebung: Fälligkeit, Säumniszuschläge und mehr!
Durch zahlreiche Vorschriften im Einzelsteuerrecht (EStG, UStG, GewStG) stehen dem Fiskus unterschiedlichste Steuereinnahmen zu. Der reine Anspruch ist aber nutzlos, wenn keine Klarheit über seine Geltendmachung dem Steuerpflichtigen gegenüber besteht. Wie für so viele Bereiche, enthält die Abgabenordnung (AO) auch für die sogenannte Steuererhebung entsprechende Normen. Werfen wir also einen kurzen Blick auf die Grundzüge des Erhebungsverfahrens.
Die Erhebung folgt dabei unmittelbar auf die Festsetzung der Steuer. Bei ausbleibender Zahlung (Leistung) des Steuerpflichtigen kann das Finanzamt die Zwangsvollstreckung anordnen.
Unser Video:
Steuererhebung nach der AO
In diesem Video gehen wir auf das steuerliche Erhebungsverfahren und seine Besonderheiten nach der AO ein.
Inhaltsverzeichnis
1. Grundzüge der Steuererhebung nach § 218 AO
Die Verwirklichung von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis ist in den §§ 218 bis 248 AO abschließend geregelt. Die Normen gelten für alle Steuerarten, sofern und soweit die Einzelsteuergesetze keine abweichenden Regelungen enthalten (sogenannte leges specialis). Dies folgt aus dem allgemeinen Anwendungsbereich der Abgabenordnung (§ 1 AO).
Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis, das zwischen Staat und Bürger sowie Unternehmen besteht, entstehen, sobald der gesetzliche Tatbestand verwirklicht ist (§ 38 AO). In diesem Zeitpunkt hat der Fiskus einen Anspruch auf die beispielsweise nach den §§ 2 und 32a EStG entstandene Einkommensteuer. Allerdings wurde der Anspruch hier, sofern kein entsprechender Bescheid erlassen wurde, dem Steuerpflichtigen gegenüber noch nicht geltend gemacht.
Beispiel: Die Einkommensteuer entsteht nach § 36 EStG zum 31.12. des jeweiligen Kalenderjahres. In derselben „juristischen Sekunde“ erwirbt der Fiskus den Steueranspruch im Sinne des § 37 Absatz 1 AO. Das Erhebungsverfahren beginnt hingegen erst mit Erlass eines Steuerbescheides.
Nach § 218 Absatz 1 AO ist der Steuerbescheid Grundlage für die Verwirklichung von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis. Selbiges gilt für Steuervergütungs-, Haftungs- und Bescheide über steuerliche Nebenleistungen. Steueranmeldungen sind Steuerbescheide unter Vorbehalt der Nachprüfung (§ 168 Satz 1 AO). Steuer- und ihnen gleichstehende Bescheide sind damit bereits ab Erlass vollstreckbare Verwaltungsakte.
2. Zusatzbestimmungen im Erhebungsverfahren: Fälligkeit und Stundung
Mit Fälligkeit und Stundung bestehen zwei Zusatznormen zu § 218 AO, die einerseits den Grundsatz und andererseits die Ausnahme regeln. Dabei gilt:
- Die Fälligkeit von Steueransprüchen richtet sich nach den Einzelsteuergesetzen (§ 220 Absatz 1 AO). Findet sich hier keine entsprechende Regelung, wird der Anspruch mit seiner Entstehung fällig (Absatz 2). Das Finanzamt bestimmt die Fälligkeit durch Leistungsgebot (§ 254 Absatz 1 Satz 1 AO), das beispielsweise lautet: „Bitte zahlen Sie die ausstehende Steuer bis zum 31.07.2023 auf eines der unten genannten Konten der Finanzkasse ein“
- Auf Antrag kann das Finanzamt den Steueranspruch ganz oder teilweise stunden. Voraussetzung ist, dass die fristgerechte Zahlung eine erhebliche Härte für den Steuerpflichtigen bedeuten würde (§ 222 Satz 1 AO).
Im Rahmen der Steuererhebung ist außerdem ein – eng mit der Stundung verbundener – Erlass von Abgaben nach § 227 AO möglich. Er kommt infrage, wenn ihre Einziehung „unbillig“ wäre, wobei die Norm in der Praxis vor allem bei zuungunsten des Steuerpflichtigen festgesetzten Zinsen Anwendung findet.
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3. Zahlungsverjährung und Verzinsung bei der Steuererhebung
Neben der Festsetzungs- kennt die AO noch die sogenannte Zahlungsverjährung. Die hierfür geltende Frist beträgt regulär fünf Jahre, verlängert sich bei Steuerstraftaten allerdings analog zu § 169 Absatz 2 Satz 2 AO auf zehn Jahre (§ 228 AO). Die Verjährungsfrist beginnt mit dem Ende des Kalenderjahres, in dem der Steueranspruch zum ersten Mal fällig wurde (§ 229 Absatz 1 Satz 1 in Verbindung mit § 220 AO). Wurde der entsprechende Bescheid aufgehoben oder geändert, ist das Ende dieses Kalenderjahres maßgeblich.
Beispiel: Ein Steuerbescheid wurde im Jahr 2022 erlassen, der fiskalische Anspruch ebenfalls in diesem Jahr fällig. Anfang 2023 wurde der Bescheid nach § 173 AO geändert. Beginn der Zahlungsverjährung ist der 31.12.2023.
Die Zahlungsverjährung ist gehemmt, wenn der Anspruch wegen höherer Gewalt innerhalb der letzten sechs Monate der Frist nicht verfolgt werden konnte. Außerdem tritt keine Zahlungsverjährung für die Steuererhebung ein, solange die Festsetzungsfrist des zugrundeliegenden Verwaltungsaktes noch läuft (§§ 169 bis 171 AO). Mit § 231 AO gelten zudem diverse Unterbrechungstatbestände, die eine Zahlungsverjährung „pausieren“ lassen.
3.1. Verzinsung von Steueransprüchen
Nach Maßgabe des § 233 AO sind Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis zu verzinsen, soweit es eine entsprechende Regelung vorsieht. Dies ist unter anderem einschlägig, wenn
- eine Steuernachforderung oder Steuererstattung aussteht (§ 233a AO),
- eine Stundung nach § 222 AO gewährt wurde (§ 234 AO),
- Steuern hinterzogen wurden (§ 235 AO), oder
- und soweit das Finanzamt einem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung stattgegeben hat (§ 237 AO).
Verzinst wird dabei immer nur der ausstehende, gestundete, hinterzogene oder von der Vollziehung ausgenommene Betrag. Zinsen, die nach § 233a AO für denselben Zeitraum zu zahlen sind, hat das Finanzamt auf andere Zinsforderungen anzurechnen (§§ 234 Absatz 3, 235 Absatz 4, 236 Absatz 4 und 237 Absatz 4 AO).
Beispiel: Bei einer Steuerhinterziehung fallen neben Nachzahlungs- auch Hinterziehungszinsen an (§§ 233a und 235 AO). Um eine Doppelverzinsung für den entsprechenden Zeitraum zu vermeiden, rechnet das Finanzamt die Zinsen nach § 233a AO auf den Hinterziehungszinsanspruch an.
3.2. Höhe der Zinsen im Erhebungsverfahren
Die Zinsen betragen 0,5 % für jeden angefangenen Monat (§ 238 Absatz 1 Satz 1 AO). In den Fällen des § 233a AO liegt der Zinssatz bei 0,15 % je Monat (1,8 % pro Jahr), nachdem das Bundesverfassungsgericht die Verfassungswidrigkeit der bisherigen (zu hohen) Zinsen festgestellt hat (§ 233a Absatz 1a AO).
Um derartigen Verfahren in Zukunft zu entgehen, hat der Gesetzgeber mit § 233 Absatz 1c AO normiert, dass die Verfassungsmäßigkeit des Zinssatzes wenigstens alle zwei Jahre zu evaluieren ist. Mehr über die Verfassungswidrigkeit der Zinsen und die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts erfahren Sie in unserem Fachbeitrag und den einschlägigen Urteilen!
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