Der Teilbetriebsbegriff im deutschen Steuerrecht

Wann liegt ein Teilbetrieb vor?

Teilbetriebe: Behandlung im Ertragsteuerrecht

Der Begriff des sogenannten Teilbetriebs findet in verschiedenen Gesetzen Erwähnung, ohne aber vom Gesetzgeber legal definiert zu werden. Relevant sind dabei insbesondere Einkommen- und Gewerbesteuergesetz (EStG/GewStG) sowie die Vorschriften des Umwandlungssteuergesetzes (UmwStG). Wir schauen uns einmal genauer an, wann ein Teilbetrieb vorliegt und welche Besonderheiten sich aus dieser Einordnung ergeben.

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Betriebsaufgabe und Realteilung

In diesem Video gehen wir neben wesentlichen Themen zur Betriebsaufgabe auch auf den Begriff des Teilbetriebs ein.

Inhaltsverzeichnis

1. Definition: Wann liegt ein Teilbetrieb vor?

Unter einem Teilbetrieb versteht der Gesetzgeber nach einschlägiger Rechtssprechung und geltenden Verwaltungsanweisungen ein gewerbliches Unternehmen, das als solches in einen anderen Betrieb eingegliedert ist. Besonderheit ist die jederzeit bestehende Möglichkeit der nahezu vollständigen „Ausgliederung“, also die selbstständige „Lebensfähigkeit“ des dem Grunde nach untergeordneten Unternehmens (BFH vom 18.10.1999, GrS 2/98). 

Konkret müssen für die Annahme eines Teilbetriebes nach dem genannten Urteil und dem Schrifttum (etwa Brandis/Heumann, UmwStG 2006, § 20, Randziffer 52) folgende Voraussetzungen gemeinsam vorliegen:

  • Teil eines Gesamtbetriebs
  • Organisch geschlossener Geschäftsbetrieb
  • Selbstständige „Lebensfähigkeit“

Die allgemeinen Voraussetzungen eines Gewerbebetriebs (Gewinnerzielungsabsicht, nachhaltige Betätigung, Teilnahme am Markt) müssen auch beim Teilbetrieb gegeben sein (§ 15 Absatz 2 Satz 1 EStG). Im Übrigen wäre eine sinngemäße Behandlung als Gewerbebetrieb (§ 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 EStG) unsinnig, weil gar kein Betrieb im ertragsteuerlichen Sinne gegeben wäre. Gleichwohl würde es damit an einem Gewerbesteuersubjekt, dem Anknüpfungspunkt des § 2 Absatz 1 Satz 1 GewStG an das EStG, fehlen.

Liegt nach der genannten Definition ein Teilbetrieb vor, so gilt dies grundsätzlich für die Anwendung aller Normen, in denen der Gesetzgeber auf diesen Begriff abstellt. Besonderheiten sind nur zu beachten, soweit das entsprechende Gesetz ausdrücklich auf solche hinweist.

1.1. Teilbetrieb als „Teil eines Gesamtbetriebs“

Um überhaupt begrifflich von einem Teilbetrieb im steuerlichen Sinne sprechen zu können, braucht es zunächst einen übergeordneten Gesamtbetrieb. Liegen die entsprechenden Voraussetzungen vor, ist dann innerhalb dieses Gesamtbetriebes das Vorliegen eines Teilbetriebs zu prüfen. Teilbetriebe können in der Folge niemals isoliert bestehen, weil es sich in diesen Fällen um originäre Gewerbebetriebe im Sinne des § 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und Absatz 2 EStG handeln würde.

Teilbetriebe können daher beispielsweise sein:

  • Abteilungen eines Gesamtunternehmens
  • Zweigstellen und Betriebsstätten
  • Appartementhaus eines Hotelbetriebs

Die Möglichkeiten sind also vielfältig, was stets eine individuelle Betrachtung des Einzelfalls erforderlich macht.

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1.2. Organisch geschlossener Geschäftsbetrieb

Auch der „organisch geschlossene Geschäftsbetrieb“ ist ein vom BFH entwickeltes Merkmal eines Teilbetriebes. Hierbei ist insbesondere darauf abzustellen, ob der – zu prüfende – Teilbetrieb alle Merkmale eines vollwertigen Gewerbebetriebes im Sinne des § 15 EStG aufweist, insbesondere also, ob er 

  • selbstständig tätig wird oder werden könnte,
  • mit Gewinnerzielungsabsicht und nachhaltig betrieben wird, sowie
  • am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr teilnimmt.

Die letzte der genannten Voraussetzungen ist beispielsweise nicht erfüllt, wenn eine Abteilung ausschließlich interne Dienstleistungen für das Gesamtunternehmen erbringt (Beispiel: Personalabteilung, Einkaufsabteilung). Denn hier fehlt es am außenwirksamen Tätigwerden am allgemeinen Markt (BFH vom 27.10.1994, I R 107/93).

„Organisch geschlossen“ ist der Geschäftsbetrieb allerdings auch dann, wenn der Teilbetrieb nur auf Anweisung (des Gesamt- oder eines anderen Teilbetriebs) tätig wird. Würde dies die Annahme eines Teilbetriebes ausschließen, wären die entsprechenden Normen faktisch inhaltsleer, da in der Praxis stets eine Abhängigkeit zwischen einzelnen Teilen des Gesamtbetriebes besteht. So wird beispielsweise die Marketing- und Verkaufsabteilung eines Sportartikelherstellers nur tätig, wenn die Geschäftsführung entsprechende Vorgaben macht. Gleichzeitig führt sie keine außenwirksamen Handlungen aus, wenn ein diesbezügliches Verbot vorliegt.

1.3. Selbstständige Lebensfähigkeit des (Teil-) Betriebs

Abschließend muss der Teilbetrieb für sich selbst lebensfähig sein. Dies ist der Fall, wenn er – isoliert von allen anderen Teilen des Gesamtunternehmens betrachtet – in seinem Bereich alle Merkmale eines Gewerbebetriebes besitzt. Maßgeblich ist daher auch hier das Gesamtbild der Verhältnisse. Unerheblich für die Annahme eines Teilbetriebes ist indes, ob er bereits als solcher betrieben wird oder ob dies nur der Fall sein könnte, würde der Betrieb alleine bestehen (unter anderem BFH vom 12.09.1979, I R 146/76).

Unschädlich ist – entsprechend dem Wortlaut „gewisse Selbstständigkeit“ – wenn ein grundlegendes und natürliches „Gefälle“ zwischen Gesamt- und Teilbetrieb vorhanden ist (BFH vom 18.08.2018, X R 36/17).

Indizien für das Vorliegen eines Teilbetriebs können nach einschlägiger BFH-Rechtssprechung und mit Blick auf die „Lebensfähigkeit“ beispielsweise sein:

  • Eigenständige, im „Kreis“ abgeschlossene Buchführung
  • Vorhandensein eines eigenen Kundenstamms
  • Vergütung des Geschäftswerts durch den Erwerber bei einem Verkauf
  • Einsatz unterschiedlichen, gegebenenfalls sogar besonders ausgebildeten, Personals

Ein Betriebsteil im Aufbau ist steuerlich erst dann als Teilbetrieb anzusehen, wenn die wesentlichen Betriebsgrundlagen (zum Beispiel Gebäude und Fahrzeuge) bereits vorhanden sind. Außerdem muss eine selbstständige Lebensfähigkeit des Teilbetriebs zu erwarten sein (BFH vom 22.06.2010, I R 77/09).

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2. Steuerliche Behandlung von Teilbetrieben – EStG, GewStG und UmwStG

Der Begriff des Teilbetriebs ist in gleich mehreren Steuergesetzen zu finden. Dazu gehören in erster Linie:

  • § 6 Absatz 3 Satz 1 EStG: Die unentgeltliche Übertragung eines Teilbetriebs wird der vollständigen Betriebs- und Mitunternehmeranteilsübertragung gleichgestellt. Der Betriebsübernehmer kann das übernommene Betriebsvermögen dann mit den Buchwerten ansetzen. Wichtig ist lediglich, dass das Besteuerungsrecht der BRD bestehen bleibt
  • § 16 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Satz 1 Alternative 2 und Satz 2 EStG: Teilbetriebe können veräußert und aufgegeben werden. Der Veräußerungs- oder Aufgabegewinn errechnet sich gemäß § 16 Absatz 2 EStG durch Abzug des „Teilbetiebsvermögenswertes“ vom Veräußerungspreis und den gemeinen Werten der entnommenen Wirtschaftsgüter. Als Teilbetrieb gelten nach § 15 Absatz 1 Satz 3 UmwStG und § 16 EStG auch Beteiligungen an Kapitalgesellschaften, die deren gesamtes Nennkapital umfassen (100 %)
  • § 2 Absatz 1 Satz 1 GewStG: Liegt nach der einkommensteuerlichen Einordnung ein Teilbetrieb vor, gilt dies über die genannte Norm auch für die Gewerbesteuer. Denn der Teilbetrieb erfüllt in diesen Fällen alle Voraussetzungen eines „stehenden Gewerbebetriebes“ im Sinne des § 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und Absatz 2 EStG
  • §§ 20 bis 24 UmwStG: Neben Einzelunternehmen können auch Teilbetriebe in Personen- und Kapitalgesellschaften eingebracht werden. Für die steuerliche Behandlung gelten insoweit dieselben Normen, insbesondere haben Einbringende ein Wahlrecht zwischen Ansatz des Buch-, Teil- oder eines Zwischenwertes. Gleichzeitig sind gegebenenfalls Sperrfristen zu beachten

Bei der Aufgabe eines Teilbetriebs ist zu beachten, dass alle wesentlichen Betriebsgrundlagen entnommen oder veräußert werden müssen, Entsprechendes gilt für die Realteilung nach § 16 Absatz 3 Satz 2 EStG. Mangelt es an dieser Voraussetzung, etwa, weil wesentliche Betriebsgrundlagen im Betriebsvermögen des Teilbetriebs verbleiben, gelten die übrigen Entnahme- und Verkaufserlöse als laufende Erträge.

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