Die verbindliche Zusage bei Außenprüfungen

Welche Wirkung hat sie?

Die verbindliche Zusage aufgrund einer Außenprüfung

Steuerliche Außenprüfungen stehen gerade bei Kapitalgesellschaften wie der GmbH immer wieder auf der Tagesordnung. Eher selten kommt es dabei in allen Punkten zu einer vollständigen Einigung mit der Prüferin oder dem Prüfer des Finanzamtes. Dies ist auch nur verständlich, denn Steuerpflichtiger auf der einen und Prüfer auf der anderen Seite denken erst einmal in unterschiedliche Richtungen. Im Rahmen der Schlussbesprechung kommt es dennoch oft zu guten Kompromissen. Mit einer verbindlichen Zusage nach den §§ 204 bis 207 AO kann die Behandlung bestimmter Sachverhalte auch für die Zukunft in den sprichwörtlichen Stein gemeißelt werden.

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Unser Video: Ablauf einer Betriebsprüfung

In diesem Video sprechen Daniel Denker und Christoph Juhn über den Ablauf einer steuerlichen Außenprüfung.

Inhaltsverzeichnis

1. Hintergrund der verbindlichen Zusage

Grundsätzlich obliegt die steuerrechtliche Beurteilung von Sachverhalten ausschließlich dem zuständigen Finanzamt. Etwas untechnisch ausgedrückt, haben Steuerpflichtige hier nichts „mitzureden“. Bereits im Jahr 2006 hat der Gesetzgeber allerdings erkannt, dass eine verbindliche Einigung in bestimmten Situationen für beide Seiten von Vorteil sein kann. Als Reaktion auf diese Erkenntnis wurde § 89 Absatz 2 AO, der die verbindliche Auskunft regelt, eingeführt.

Mit einer verbindlichen Auskunft können Steuerpflichtige einen noch nicht verwirklichten Sachverhalt vom Finanzamt prüfen lassen und Fragen stellen. Im Rahmen der Steuergestaltung geht es meist darum, ob ein in der Theorie ausgearbeitetes Modell auch in der Praxis funktionieren kann. Relevant ist hierbei vor allem ein möglicher Gestaltungsmissbrauch nach § 42 AO, aber auch einschränkende Normen des materiellen Steuerrechts wie Lizenz- und Zinsschranken spielen eine Rolle. Hat das Finanzamt eine verbindliche Auskunft erteilt, ist es, wenn der Sachverhalt entsprechend verwirklicht wird, an die im Vorfeld getroffene Beurteilung gebunden.

Entsprechendes muss aber auch für bereits verwirklichte Sachverhalte und ihre steuerliche Einordnung gelten. Mit der verbindlichen Zusage nach den §§ 204 bis 207 AO kommt der Gesetzgeber diesem Bedarf nach. Ein Sachverhalt, der im Rahmen einer Außenprüfung abschließend beurteilt wurde, wird durch die verbindliche Zusage auch in den nächsten Jahren entsprechend eingeordnet werden. Das Ermessen des Finanzamtes ist insoweit reduziert.

2. Voraussetzungen, Form und Bindungswirkung der verbindlichen Zusage

Die verbindliche Zusage ist in den §§ 204 bis 207 AO abschließend geregelt. Die Normen sind sehr allgemein und weitläufig gehalten, um sicherzustellen, dass zwischen Prüfer und Steuerpflichtigem auch tatsächlich eine Einigung zustande kommen kann. Der Gesetzgeber wollte das „Korsett“ also bewusst weit schnüren.

Von praktischer Bedeutung sind im Hinblick auf verbindliche Zusagen insbesondere:

  • Die Voraussetzungen, unter denen sie stattfinden kann
  • Die Form
  • Eventuelle Bindungswirkungen für andere Verwaltungsakte

Schauen wir uns die einzelnen Punkte also etwas genauer an.

2.1. Voraussetzungen der verbindlichen Zusage

Für die verbindliche Zusage gelten bestimmte, in § 204 AO abschließend normierte, Voraussetzungen. Dabei muss ein unmittelbarer Zusammenhang mit einer steuerlichen Außenprüfung bestehen. Dieser ist immer dann gegeben, wenn der Antrag auf verbindliche Zusage kurz nach Ergehen des Prüfungsberichts, spätestens aber nach Stellungnahme des Steuerpflichtigen und Antwort des Prüfers, gestellt wird. Bei einem Antrag, der erst mehrere Jahre nach Abschluss der Außenprüfung beim Finanzamt eingeht, fehlt es am zeitlichen Zusammenhang (FG Nürnberg, 23.05.2019, 4 K 862/17).

Die verbindliche Zusage kann sich nach dem Wortlaut des § 204 Absatz 1 AO nur auf einen in der Vergangenheit geprüften und im Prüfungsbericht dargestellten Sachverhalt beziehen. Wesentlich ist also, dass die Prüferin oder der Prüfer den Sachverhalt bereits steuerlich gewürdigt hat. Ob der Steuerpflichtige selbst an dieser Würdigung mitgewirkt hat, etwa im Rahmen der Schlussbesprechung, ist unerheblich. Für die Darstellung im Prüfungsbericht gelten grundsätzlich hohe Voraussetzungen, denn sie bestimmt maßgeblich über die Rechtsfolgen der nächsten Jahre.

Die steuerliche Behandlung des Sachverhaltes muss außerdem für geschäftliche Maßnahmen des Steuerpflichtigen von Bedeutung sein. Hierunter fällt jede wirtschaftliche Handlung im laufenden Geschäftsbetrieb, beispielsweise

  • die Bildung von Rückstellungen,
  • die Geltendmachung einer Abschreibung,
  • die Zuordnung von Wirtschaftsgütern zum Betriebs- und Privatvermögen

sowie weitere, materiell-rechtlich erhebliche Aspekte. Zudem muss eine gewisse Unsicherheit, ein Beurteilungsspielraum, bestehen, da sonst das Interesse an einer verbindlichen Zusage fehlt. Anzeichen für eine solche Unsicherheit liegen bereits vor, wenn Steuerpflichtiger und Prüfer unterschiedlicher Auffassung sind, beide ihre Einschätzung aber nachvollziehbar begründen können. Entsprechendes gilt, wenn ein von der Rechtsprechung noch ungeklärter Fall gegeben ist.

2.2. Die Form der Zusage

Für die Form der verbindlichen Zusage gilt § 205 AO. Demnach muss die Zusage schriftlich erteilt und als verbindlich gekennzeichnet werden. Hintergrund ist die Relevanz für zukünftige Veranlagungszeiträume. Hier gilt es, weitere Unsicherheiten, die schlimmstenfalls bereits durch die Zusage selbst hinzukommen, zu vermeiden. Die Unterzeichnung der verbindlichen Zusage muss durch einen hierzu berechtigten Amtsträger, in der Regel die Sachgebietsleiterin oder den Sachgebietsleiter der Prüfungsstelle, erfolgen.

Erfolgt eine Zusage nur „unter Vorbehalt“, fehlt es an ihrer von der AO geforderten Verbindlichkeit. Bei einer solchen Äußerung handelt es sich lediglich um eine Rechtsmeinung des Finanzamtes, das aber keine Bindungswirkung entfaltet (BFH vom 20.10.2016, VI R 27/15).

Zur Form gehört auch die Einordnung des konkreten Sachverhaltes (§ 205 Absatz 2 AO). Das Finanzamt muss den Sachverhalt zunächst ausführlich darstellen, kann aber auf den Prüfungsbericht verweisen. Anschließend hat eine Festlegung auf die konkrete steuerliche Einordnung zu erfolgen; das Finanzamt muss außerdem begründen, warum es sich für diese Behandlung entschieden hat.

Abschließend muss die verbindliche Zusage befristet oder unbefristet erteilt werden. Fehlt es an einer Angabe zur zeitlichen Gültigkeit, so ist die Zusage als unbefristet zu behandeln.

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2.3. Bindungswirkung einer verbindlichen Zusage

Entspricht eine verbindliche Zusage dem geltenden Recht und deckt sich ein später verwirklichter mit dem der Zusage zugrunde gelegten Sachverhalt, so ist die Zusage für die weitere Besteuerung bindend. Sie ist damit Grundlagenbescheid im Sinne des § 171 Absatz 10 AO und ermöglicht auch eine Änderung nach § 175 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 AO. Bescheidänderungen aufgrund verbindlicher Zusagen sind in der Praxis allerdings irrelevant, da sich die Zusage stets auf die Zukunft bezieht.

Die verbindliche Zusage wirkt auch dann weiter, wenn sich die zuständige Finanzbehörde (etwa durch Umzug) ändert.

Die sogenannte Sachverhaltsidentität ist die in der Praxis wichtigste Voraussetzung für die Bindungswirkung nach § 205 AO. Zwar fordert der Gesetzgeber keine vollständige Übereinstimmung der Sachverhalte, ein später verwirklichter Sachverhalt muss aber dieselben steuerlichen Fragestellungen aufwerfen. Merkmale, die für die Besteuerung unerheblich sind, bleiben daher bei der Prüfung einer Sachverhaltsidentität außer Betracht.

Widerspricht eine verbindliche Zusage dem Grundsatz von Treu und Glauben, fällt ihre Bindungswirkung ebenfalls weg. Dies ist unter anderem der Fall, soweit

  • die Zusage gegen materielles oder formelles Recht verstößt, und
  • die in der verbindlichen Zusage getroffene Beurteilung für den Steuerpflichtigen nachteiliger als die nach materiellem Steuerrecht vorzunehmende Einordnung ist.

Erlassene Steuerbescheide sind dann rechtswidrig, allerdings liegt keine Nichtigkeit vor. Die Anfechtung des rechtswidrigen Bescheides muss daher mittels Einspruchs und auf Initiative des Steuerpflichtigen erfolgen.

3. Aufhebung und Außerkrafttreten von verbindlichen Zusagen des Finanzamtes

Auch wenn die verbindliche Zusage grundsätzlich für das Finanzamt bindend ist, kann sie unter bestimmten Voraussetzungen aufgehoben werden oder außer Kraft treten. In § 207 AO sind diese Situationen abschließend aufgezählt:

  • Eine rückwirkende Aufhebung ist über § 130 Absatz 2 Nummern 1 und 2 AO möglich, wenn die verbindliche Zusage von einer sachlich unzuständigen Behörde erlassen oder durch arglistige Täuschung erwirkt wurde. Bei ihr handelt es sich um einen sonstigen Verwaltungsakt, weshalb die üblichen Aufhebungs- und Änderungsvorschriften (§§ 172 bis 177 AO) keine Anwendung finden; diese gelten nur für Steuer- und ihnen gleichgestellte Bescheide
  • Das Finanzamt kann die Zusage jederzeit mit Wirkung für die Zukunft aufheben oder ändern. Es muss dabei aber die Grundsätze des Vertrauensschutzes beachten. Denn der Steuerpflichtige hat mitunter bereits wirtschaftliche Dispositionen getroffen, weil er in die Verbindlichkeit der Zusage vertraut. Insoweit ist das Ermessen des Finanzamtes stark eingeschränkt. Die Aufhebung hat, wie auch der Widerruf, schriftlich zu erfolgen (§ 205 Absatz 1 AO)
  • Ändern sich die Rechtsvorschriften, auf deren Grundlage die verbindliche Zusage erteilt wurde, so erlischt sie automatisch. Ein schriftlicher Widerruf ist entbehrlich

Wurde die verbindliche Zusage von Anfang an zeitlich befristet erteilt, so erlischt ihre Bindungswirkung außerdem mit Zeitablauf (§ 205 Absatz 2 Nummer 3 AO). Auch hier ist kein gesondertes Aufhebungsschreiben erforderlich.

Steuerberater für Unternehmensteuerrecht

Unsere Kanzlei hat sich besonders auf die steuerrechtliche Gestaltungsberatung im Unternehmensteuerrecht und damit auch auf die Begleitung von Außenprüfungen spezialisiert. Hier schätzen Mandanten unser Know-how beispielsweise in folgenden Bereichen:

Steuerliche Außenprüfungen

  1. Strategische Beratung bei Kapitalgesellschaften (Erwerb eigener Anteile, disquotale Gewinnausschüttung, Organschaft, Holdingstrukturen)
  2. Vermeidung von gewerblicher Prägung und gewerblicher Infizierung
  3. Beratung zu sämtlichen Umwandlungsvorgängen (Einbringung, Verschmelzung, Formwechsel, Anteilstausch)
  4. Entwicklung steuerlicher Gestaltungsmodelle
  5. Geschickte Ausübung des Zuordnungswahlrechts bei gemischt genutzten Wirtschaftsgütern
  6. Ausarbeitung von Vermeidungsstrategien für den Gestaltungsmissbrauch im Sinne des § 42 AO
  7. Entwicklung von Verteidigungsstrategien gegenüber der Finanzverwaltung bei Einspruchsverfahren, Betriebsprüfungen, FG-Klageverfahren und BFH-Revisionsverfahren

Hierzu stehen Ihnen unsere Steuerberater und Rechtsanwälte an den Standorten Köln und Bonn gerne für eine persönliche Beratung zur Verfügung. Zudem beraten wir deutschlandweit per Telefon und Videokonferenz:

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