Personengruppentheorie bei der Betriebsaufspaltung

Was ist eine Personengruppe?

Die Personengruppentheorie bei der Betriebsaufspaltung

Eine Betriebsaufspaltung entsteht, wenn zwischen zwei Unternehmen eine sachliche und eine personelle Verflechtung vorliegt. Hierfür ist wiederum Voraussetzung, dass eine Person in beiden Unternehmen einen einheitlichen geschäftlichen Willen durchsetzen kann. Zu beachten ist aber auch die sogenannte Personengruppentheorie. Eine Betriebsaufspaltung entsteht also auch dann, wenn nicht eine Einzelperson, sondern eine Personengruppe beide Unternehmen beherrscht. Verfolgen die Mitglieder der Gruppe gleichgerichtete Interessen, lösen sie eine Betriebsaufspaltung aus.

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Unser Video: Grundsätze der Betriebsaufspaltung

In diesem Video erklären wir, was eine Betriebsaufspaltung ist und welche ertragsteuerlichen Folgen sie auslösen kann!

Inhaltsverzeichnis


1. Grundzüge der Personengruppentheorie

In der Praxis entsteht eine Betriebsaufspaltung üblicherweise dadurch, dass eine Einzelperson Wirtschaftsgüter an „ihre“ GmbH überlässt. Bei ihr handelt es sich beispielsweise um einen Gesellschafter-Geschäftsführer, der an der GmbH zu 100 % beteiligt ist und sie alleine gegründet hat. Im Privatvermögen des Gesellschafters befindet sich eine Immobilie, die er nun an seine GmbH vermietet. Hierdurch entsteht die Betriebsaufspaltung – eine Einzelperson beherrscht sowohl die GmbH (das sogenannte Betriebsunternehmen) als auch das überlassene Wirtschaftsgut (das sogenannte Besitzunternehmen).

Im Rahmen der vom Bunddesfinanzhof entwickelten Personengruppentheorie (BFH vom 12.11.1985, VIII R 240/81, BStBl II 1986, 296) sind nun mehrere Personen an der Betriebsaufspaltung beteiligt. Sie beherrschen gemeinsam die überlassene wesentliche Betriebsgrundlage und/oder das Betriebsunternehmen in der Rechtsform der GmbH.

Dabei spielt es grundsätzlich keine Rolle, wie die Stimm- und Eigentumsrechte genau verteilt sind. Entscheidend ist, dass die Personengruppe im Ergebnis sowohl das Besitz-, als auch das Betriebsunternehmen beherrscht.

1.1. Verfolgung gleichgerichteter wirtschaftlicher Interessen

Damit die Personengruppentheorie Anwendung findet, müssen die beteiligten (natürlichen oder juristischen) Personen einen einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen verfolgen. Ein anderer Begriff für diese Voraussetzung ist die Verfolgung gleicher oder gleichgerichteter wirtschaftlicher Interessen, wobei man sich hier die Frage nach dem „Willen“ noch separat stellen muss.

Einen einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen verfolgen Personen, die hinsichtlich des Betriebsunternehmens (meist der operativen GmbH) gemeinsame Vorstellungen teilen. Dies zeigt sich zum Beispiel daran, dass die Personen gleichermaßen

interessiert sind und insoweit zusammenwirken.

Ein solches „Zusammenwirken“ kann das Finanzamt allerdings nicht einfach unterstellen, sondern benötigt hierfür klare Beweisanzeichen. So hat das Bundesverfassungsgericht beispielsweise bereits im Jahr 1985 entschieden, dass die Personengruppentheorie bei Ehegatten nur dann anzuwenden ist, wenn zur rein familiären oder beziehungsmäßigen Bindung noch ein wirtschaftliches Zusammenwirken, etwa durch die gemeinsame Führung mehrerer Unternehmen, hinzutritt (Beschluss des BVerfG 12.03.1985 – 1 BvR 571/81, BStBl. II 1985, 475).

1.2. Zusammenrechnung der Anteile aller Personen der Gruppe

Verfolgen mehrere Personen gleichgerichtete Interessen, sind ihre Anteile an der Betriebs-GmbH und am Besitzunternehmen nach der Personengruppentheorie zusammenzurechnen. Die Personengruppe gilt in der Folge als „eine Person“, auch wenn die rechtliche Selbständigkeit aller Beteiligten bestehen bleibt.

Beispiel: Eine Unternehmerin lebt alleine in einem ihr gehörenden Einfamilienhaus. Das Arbeitszimmer überlässt sie gegen monatliche Mietzahlungen an eine GmbH, an der sie zu 40 % beteiligt ist. Die übrigen Anteile im Umfang von 20 % und 40 % halten ihre Geschwister. Mit ihnen gemeinsam führt die Unternehmerin mehrere Gesellschaften in unterschiedlichen Rechtsformen.

Grundsätzlich entstünde hier keine Betriebsaufspaltung, denn die Gesellschafterin besitzt zwar die wesentliche Betriebsgrundlage, verfügt in der GmbH aber nicht über die Mehrheit der Stimmrechte. Weil sie aber seit vielen Jahren mit ihren Geschwistern gemeinsam Geschäfte führt und abwickelt, bildet sie mit ihnen eine Wirtschaftsgemeinschaft. Es ist von gleichgerichteten Interessen auszugehen (BFH 24.7.1986 – IV R 98–99/85, BStBl. II 1986, 913).

Die Personengruppentheorie besagt nun, dass die Anteile aller Beteiligten jeweils zusammenzurechnen sind. Die Personengruppe, hier bestehend aus drei Personen, ist damit an beiden Unternehmen zu 100 % beteiligt. Dass die Geschwister der Unternehmerin kein Eigentum an der Immobilie haben, ist unbeachtlich – betrachtet wird stets nur die Gruppe als Ganzes.

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1.3. Wichtig: Personengruppentheorie setzt ebenfalls die Mehrheit der Stimmrechte voraus

Eine Betriebsaufspaltung entsteht auch bei Anwendung der Personengruppentheorie nicht, wenn sich trotz der Zusammenrechnung der Anteile keine Stimmrechtsmehrheit ergibt. Kann die Personengruppe als Ganzes also nicht über das Betriebs- oder das Besitz- oder keines der beiden Unternehmen bestimmen, ergeben sich keine steuerlichen Folgen.

Beispiel 1: Einem Unternehmer und seiner anderweitig tätigen Ehefrau gehört gemeinsam ein Einfamilienhaus. Das hierin belegene Arbeitszimmer wird an die GmbH, an der der Ehemann zu 40 % beteiligt ist, überlassen. Die übrigen 60 % der Anteile gehören einem fremden Dritten.

Denkbar ist, dass hinsichtlich des Betriebsunternehmens eine Personengruppe vorliegt – denn regelmäßig verfolgen am gleichen Unternehmen beteiligte Personen dieselben Interessen. Die Personengruppentheorie ändert hier aber nichts daran, dass keine Betriebsaufspaltung entsteht. Denn selbst wenn man von einer Personengruppe ausginge, könnte diese nicht über das Einfamilienhaus bestimmen. Die Ehefrau des Gesellschafters ist kein Teil der Personengruppe.

Beispiel 2: Die Gesellschafter A, B und C sind zu je einem Drittel an der ABC-GmbH beteiligt. Gesellschafter A überlässt der GmbH eine in seinem Privatvermögen stehende Lagerhalle. Die Gesellschafter sind weitgehend zerstritten, treffen seit längerem keine gemeinsamen Entscheidungen mehr und denken über eine Auflösung der GmbH nach.

Es liegt ebenfalls keine Betriebsaufspaltung vor. Die Personengruppentheorie findet keine Anwendung, da die Gesellschafter keine gleichgerichteten Interessen verfolgen und auch wirtschaftlich andere Erwartungen an das Unternehmen der GmbH haben.

2. Achtung, Betriebsaufgabe – Auflösung der Personengruppe

Entsteht durch die Personengruppentheorie eine Betriebsaufspaltung, darf die Personengruppe keinesfalls ungewollt aufgelöst werden. Denn in diesem Fall endet auch die Betriebsaufspaltung. Die Folge ist eine Zwangsentnahme aller Wirtschaftsgüter aus dem Betriebsvermögen des Besitzunternehmens in das Privatvermögen der Gesellschafter. Sie erfolgt zu den jeweiligen Verkehrswerten, was eine erhebliche Steuerlast auslösen kann!

Wie Unternehmer eine Betriebsaufspaltung steuerneutral auflösen können, haben wir bereits in mehreren Beiträgen dargestellt. Schauen Sie gerne einmal rein!


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